Die Ausgaben der Bundesregierung für externe Berater sind im vergangenen Jahr erneut deutlich gestiegen. Vorläufige Meldungen der einzelnen Ressorts an das Finanzministerium summieren sich auf 433,5 Millionen Euro, was einer Zunahme um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das geht aus Antworten des Ministeriums auf Anfragen des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn hervor.
Insgesamt sind die Ausgaben der Bundesregierung für externe Berater im Vergleich zu den Vorjahren deutlich angestiegen. 2019 lagen die Ausgaben bei 296,3 Millionen Euro, 2018 bei nur 181,4 Millionen Euro.
Höhn kritisiert die steigenden Ausgaben laut dpa scharf und fordert eine vollständige Transparenz über alle Beratungs- und Unterstützungsleistungen:
"Für viele Menschen war 2020 eine wirtschaftliche Katastrophe. Aber externe Berater machen in der Pandemie weiterhin satte Gewinne. Die Corona-Krise zeigt in aller Deutlichkeit: Die Bundesregierung hat sich von McKinsey und Co. abhängig gemacht. Diese Abhängigkeit muss beendet werden."
Spitzenreiter bei den Ausgaben für externe Berater ist das Bundesinnenministerium von Horst Seehofer (CSU) mit 204,3 Millionen Euro – fast die Hälfte der gesamten Ausgaben der Bundesregierung für externe Berater im Jahr 2020. Dahinter folgen das Bundesverkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) mit 63,2 Millionen, das Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz (SPD) mit 52,7 Millionen und das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) mit 41,9 Millionen Euro. Am wenigsten ließ sich das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) die externe Hilfe kosten – nur 698.000 Euro wurden dafür 2020 ausgegeben.
In ihrer Antwort zum vierten Quartal weist die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hagedorn darauf hin, dass wegen der Kürze der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit "Unsicherheiten bzw. Unschärfen sowie Lücken" nicht ausgeschlossen werden können. Das Bundesinnenministerium verwies laut Hagedorn darauf, dass im vierten Quartal mehr als die Hälfte der Beraterausgaben in "ressortübergreifende Projekte wie die IT-Konsolidierung" geflossen seien. Das Bundesfinanzministerium selbst beziffert den Anteil für solche Ausgaben mit 43,4 Prozent.
Im Fall des Bundesfinanzministeriums hat der Tagesspiegel einen genaueren Blick auf dessen Ausgaben für externe Expertisen im Zeitraum 2015 bis 2019 geworfen. In diesen fünf Jahren sind diese Ausgaben um fast 600 Prozent gestiegen: von 5,3 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 30,4 Millionen Euro im Jahr 2019. Etwa 90 Prozent dieser Kosten sollen dabei auf IT-Berater entfallen sein.
Laut Tagesspiegel verweist ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums darauf, dass etwa 20 Millionen Euro der Ausgaben 2019 auf das sogenannte Informationstechnikzentrum Bund entfallen seien. Dieser zentrale IT-Dienstleister für die Bundesverwaltung hat zudem auch das Bundesinnenministerium und das Bundesverkehrsministerium als Kunden.
Ein Ministeriumssprecher sagte dem Tagesspiegel, die Maßnahmen seien "grundsätzlich vorübergehender Natur". Externe Berater könnten beispielsweise bei kurzfristigen Neuentwicklungen von spezifischen IT-Lösungen flexibel genutzt werden: "In der schnelllebigen Welt der Informationstechnik wäre das Vorhalten jeglicher benötigter IT-Expertise nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch teilweise unmöglich."
Das Engagement von Unternehmensberatern und anderen Experten von außen durch die Bundesregierung ist hochumstritten. Die Kritik entzündet sich unter anderem daran, dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der mehr als 20.000 Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit befürchtet. Befürworter versprechen sich dagegen in ganz unterschiedlichen Bereichen einen Gewinn durch den Blick von außen oder setzen auf Experten für Spezialaufgaben, für die dann keine festen Mitarbeiter benötigt werden.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, kritisiert im Tagesspiegel:
"Bei allen Schwierigkeiten immer nur für viel Geld neue private Beratungsunternehmen zu engagieren ist kein verantwortlicher Umgang mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger. […] Gerade nach der Berateraffäre im Verteidigungsministerium sollte doch zumindest ein Problembewusstsein für die Berateritis vorhanden sein, unter der die gesamte Bundesregierung leidet."
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