Scharfe Kritik an Wirtschaftsminister Altmaier: Hat er Bild-Chef Reichelt auf Twitter verteidigt?

Die internen Ermittlungen gegen Bild-Chef Julian Reichelt stehen auch weiterhin im medialen Fokus. Im Netz wirft man nun Wirtschaftsminister Peter Altmaier vor, sich indirekt für Reichelt eingesetzt zu haben – und er erhält mächtig Gegenwind.

In Zusammenhang mit den vom Springer-Management bestätigten "Compliance-Untersuchungen", also Ermittlungen gegen den Verstoß betriebsinterner Handlungsrichtlinien, um Bild-Chef Julian Reichelt schlagen die Wellen im Internet immer höher. Reichelt wird Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen vorgeworfen.

Rund ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen hätte dem Axel-Springer-Verlag Vorfälle angezeigt. Die Angelegenheit werde inzwischen von der Anwaltskanzlei Freshfields überprüft. Bei den Vorwürfen gehe es unter anderem um Machtmissbrauch, die Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen und in einzelnen Fällen um Nötigung und Mobbing.

Nun beginnt die erbittert geführte Diskussion um Reichelt die Politik zu erreichen. Peter Altmaier, Wirtschaftsminister und enger Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wird "Victim Blaming", auf Deutsch Täter-Opfer-Umkehr, und Sexismus in Zusammenhang mit den Anschuldigungen gegen Reichelt vorgeworfen. Auslöser des Shitstorms ist ein Tweet des Ministers. In diesem zitiert Altmaier aus dem Gedicht "Loreley" von Heinrich Heine aus dem Jahre 1824.

Lorenz Meyer, der unter anderem für den "medienkritischen" BILDblogschreibt, vermutet hinter den Tweets hartes Kalkül. So äußerste er:

"Das muss man erstmal bringen: Ein hochrangiger Vertrauter von Bild-Chef Reichelt will mit dem zitierten Gedicht offensichtlich seinen Chef hinsichtlich des in Rede stehenden Fehlverhaltens gegenüber Frauen reinwaschen und der Wirtschaftsminister macht beim Victim Blaming mit."

In einem Tweet des Sozialdemokraten Jan Cloppenburg heißt es dazu:

Von Altmaier, der den jetzigen Shitstorm provoziert hatte, gab es bislang keine Stellungnahme zu dem Tweet. Der Autor des ursprünglichen Posts, Bild-Redakteur Daniel Cremer, kommentiert das Geschehen:

"Merke, zwei (nachgewiesene) Liebhaber der Werke von Heine dürfen keinen kleinen Austausch über ein Gedicht haben, ohne dass wildeste Falschbehauptungen aufgestellt werden. In jede Richtung, die sich jeweilig bietet. Ich lese in der Wanne jetzt nur noch Twitter."

Die internen Ermittlungen bei Springer laufen indes weiter. Laut Medienjournalistin Ulrike Simon läuft das Verfahren wohl schon einige Tage länger, ein Resultat könnte bereits im Laufe dieser Woche zustande kommen.

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