Vor wenigen Tagen erst stellte Washington die Leitlinien der neuen Biden-Regierung für die nationale Sicherheit der USA vor. Darin werden vor allem China und Russland als aktuelle und zukünftige Bedrohung der eigenen und transatlantischen Sicherheit identifiziert.
Russland falle vor allem durch destabilisierende Umtriebe auf, China wiederum agiere "zunehmend selbstbewusst". Aufgrund seiner wirtschaftlichen und militärischen Macht sei China der einzige Konkurrent, der fähig sei, "eine nachhaltige Herausforderung für ein stabiles und offenes internationales System" zu sein.
Auch innerhalb der EU und hierzulande sind es die beiden ungleichen, aber zugleich außerhalb der transatlantischen Einflusssphäre liegenden Länder, die Argwohn auf sich ziehen. Im März 2019 entwarf die Europäische Union daher ein "Strategiepapier" und erklärte das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende China zum "systemischen Rivalen".
Im September 2020 verabschiedete die Bundesregierung dann ihre Indo-Pazifik-Leitlinie.
"Bereits heute ist abzusehen: Mehr als irgendwo sonst entscheidet sich die Ausgestaltung der internationalen Ordnung von morgen im Indo-Pazifik."
Deutschland dürfe sich "als global agierende Handelsnation und Verfechter einer regelbasierten internationalen Ordnung nicht mit einer Zuschauerrolle begnügen", heißt es im Vorwort von Bundesaußenminister Heiko Maas. Deutschlands Rolle "als gestaltender Akteur und Partner" im indo-pazifischen Raum soll anhand der Leitlinien gestärkt werden.
Um den neuen Ansprüchen Geltung zu verschaffen, will die Bundesregierung nun die Fregatte "Bayern" in die genannten Gewässer entsenden. Bereits im vergangenen Mai begründete Bundesverteidigungsministerin Annegret-Kramp-Karrenbauer die Mission und erwähnte dabei Russland direkt und China nur indirekt:
"Wir haben in Europa am Beispiel Russlands gesehen, wie territoriale Grenzen mit Gewalt verändert werden. Einige Ereignisse im Indo-Pazifik sollten wir genauso bewerten."
Nun warnt das Bundesverteidigungsministerium nach Informationen der Welt am Sonntag in einem internen Dokument vor einem zunehmenden Machtanspruch Chinas und Russlands bei einem gleichzeitigen Ausbau neuer militärischer Fähigkeiten. Demzufolge wird Peking die "Absicherung der wirtschaftlichen Entwicklung und Gestaltung internationaler Ordnung entlang eigener Interessen" angelastet. Pekings neue Seidenstraße, wissen die Experten, diene vor allem der Erweiterung des eigenen Einflusses sowie außen- und sicherheitspolitischen Interessen.
Auch Russland findet Erwähnung. Das vielfach zitierte und vermeintliche Ansinnen Moskaus, die EU und mit ihr die NATO zu destabilisieren und zu schwächen, wird in dem Papier zur "Handlungsmaxime" erhoben.
Doch wenn es um Versuche der "Einflussnahme" gehe, habe China Russland bereits den Rang abgelaufen – "unter anderem bezüglich Rüstungsverkäufen und Militärkooperationen".
Dann folgt eine Waffenschau Chinas: Das Land mit seinen aktuell knapp 1, 4 Milliarden Einwohnern verfüge über zwei Millionen Soldaten. Hinzu kämen mittlerweile rund 6.850 Panzer und 1.600 Kampfflugzeuge. Peking verfüge nunmehr jedoch auch über die "weltweit größten konventionellen Raketenpotenziale". Erwähnung finden dabei angeschaffte Hyperschallraketen mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern. Als Hyperschall-Waffen werden Systeme bezeichnet, die mehr als eine fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen, demnach also mehr als 6.000 Kilometer pro Stunde zurücklegen.
Auch Russland sei in diesem Bereich der Militärtechnik von morgen aktiv. "Die Einführung von hochpräzisen, weitreichenden und kaum abfangbaren hypersonischen Wirkmitteln (Hyperschallraketen)" wird mit großer Sorge beobachtet. Zudem investiere Moskau in den "Erhalt nuklearer seegestützter Zweitschlagfähigkeit" ebenso wie in die "prioritäre Modernisierung des Kernwaffenpotentials". Die Fähigkeiten der russischen Armee seien nicht zu unterschätzen. So heißt es weiter:
"Konventionelle russische Streitkräfte sind befähigt, zeitlich und räumlich begrenzt, Wirkungsüberlegenheit zu erzielen."
Die Experten des BMVg sind auch besorgt, da Moskau sein militärisches Potential als "politisches Handlungs- und Machtinstrument" begreife. Dabei werde "mit vergleichsweise geringem Mittelaufwand" ein "größtmöglicher Nutzen generiert".
Doch die Bedrohungsanalyse hat vorhandene Schwachstellen aufgedeckt. In China hapere es demzufolge an der "Professionalisierung der Streitkräfte". Zudem lasse mutmaßlich die "Abstimmung zwischen Meeres- und Lufteinheiten" noch zu Wünschen übrig. Russland sei limitiert, wenn es um weltweite durchhaltefähige maritime Einsätze gehe. Auch im Bereich der bewaffneten Drohnen hinke Russland noch hinterher.
Dafür spiele dort jedoch nun Erzrivale China ganz oben mit. Im Dokument des BMVg heißt es dazu:
"Chinas Streitkräfte verfügen bereits über ein umfangreiches Portfolio an bewaffneten Drohnen. Dabei sind mindestens sechs Systeme mit 'Stehzeiten', das heißt Reichweiten von bis zu 30 Stunden einsatzbereit."
Und während das Pentagon mit seiner neuen Space Force danach strebt, den Weltraum noch stärker zu militarisieren und zu dominieren, droht China, auch diesen Ambitionen einen Strich durch die Rechnung zu machen. So verfüge Peking "bereits über ein umfängliches Portfolio an weltraumgestützten Aufklärungs- und Wirkfähigkeiten", zitiert die Welt am Sonntag.
"Dabei könnte China im Weltraum auch effizient gegen andere Staaten vorgehen und erfolgreich Weltraumoperationen durchführen."
Mehr zum Thema - US-Geheimdienst auf Kurs zu neuem "Krieg der Sterne"?