Immer mehr Einzelhändler in Deutschland klagen. Auf die deutschen Gerichte rollt eine Klagewelle zu, mit der die Elektronikhändler, Baumärkte und Modegeschäfte ein Ende der Ladenschließungen erzwingen wollen.
Der Handelskonzern MediaMarktSaturn hat beim Oberverwaltungsgericht Münster einen Eilantrag auf Aufhebung der Betriebsschließungen in Nordrhein-Westfalen gestellt. Anträge in weiteren Bundesländern sollen folgen. Deutschland-Chef Florian Gietl erklärt:
"Die Betriebsschließungen waren unverhältnismäßig. Der Einzelhandel war nachweislich nie ein Infektionshotspot."
MediaMarktSaturn, die Baumarktkette Obi sowie die Textilkette Peek & Cloppenburg ziehen vor Gericht. Klagen vor den Verwaltungsgerichtshöfen in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen wurden eingereicht.
Die Mode-Kaufhauskette Breuninger ist mit einem Eilantrag gegen den Lockdown vorgegangen. HDE-Sprecher Stefan Hertel gegenüber RT DE:
"Das Familienunternehmen unterlag allerdings vor Gericht. Aber das ist noch nicht das Ende."
Die Filialen müssen weiter geschlossen bleiben. So hat es der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) jetzt entschieden. Das Land bezeichnete die Argumentation des Familienunternehmens als teils unvollständig und teils tendenziös. So seien dem Warenhaus Abholstellen und Lieferdienste erlaubt, wobei der Familienbetrieb 30 Prozent seines Umsatzes im Onlineshop ausmacht. Der Beschluss des Gerichtshofs ist unanfechtbar (Az. 1 S 398/21). Breuninger mit etwa 5.000 Mitarbeitern (Umsatz: rund 750 Millionen Euro 2019) hatte entschädigungspflichtige Eingriffe in sein Eigentumsrecht, erhebliche wirtschaftliche Einbußen sowie Probleme beim Zugang zu Bundeshilfen geltend gemacht.
Der Einkaufsverbund Unitex unterstützt in Bayern und Rheinland-Pfalz Eilanträge zweier Händler auf Wiedereröffnung. Er arbeitet an einer Sammelklage Hunderter Einzelhändler auf Schadenersatz, an der sich über 300 Händler beteiligen, wie Unitex-Marketing-Chef Xaver Albrecht bestätigt.
HDE-Sprecher Stefan Hertel gegenüber RT DE: "Wir haben zu dem Thema unter 2.000 Betrieben eine Umfrage erstellt. Die Tendenz ist ähnlich." Näheres will er im Rahmen der Bundespressekonferenz bekanntgeben.
Normalerweise erwirtschaften in Deutschland 300.000 Einzelhandelsunternehmen mit drei Millionen Beschäftigten an 450.000 Standorten einen Umsatz von rund 535 Milliarden Euro jährlich. Insider erwarten Einbrüche um mehr als 40 Prozent und mehr.
Zusätzliche Probleme drohen den Gerichten nun auch noch durch die uneinheitlichen Öffnungen in den verschiedenen Bundesländern. In Brandenburg etwa eröffnen am Montag die Bau- und Gartenmärkte. In Berlin nicht. Ein reger Blumen-Tourismus aus der Hauptstadt kündigt sich für Brandenburg an. Dietmar Woidke, Brandenburgs Ministerpräsident (SPD), gegenüber dem Radiosender 94,3 rs2: "Ich hoffe, dass Berlin da auch mitzieht. Wir können doch schließlich nicht Millionen von Setzlingen und Blumen wegwerfen." Vom Regierenden Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist bislang nichts zu hören.
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