Nach Öffnungen in Niedersachsen und Sachsen nehmen in weiteren zehn Bundesländern Kindertagesstätten und Grundschulen – nach rund zweimonatiger Schließung und Notbetreuung – wieder ihren Betrieb auf. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek unterstützt das. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte sie:
"Es ist gut, dass viele Schulen in Deutschland jetzt schrittweise wieder mit dem Präsenzunterricht beginnen. Kinder, besonders jüngere, brauchen einander."
Präsenzunterricht sei durch nichts zu ersetzen, ergänzte die CDU-Politikerin. Sie rief aber auch dazu auf, "alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Prävention einer Virenübertragung zu ergreifen", um den Schulbetrieb auch in den nächsten Wochen aufrecht erhalten zu können. Die jüngste Entwicklung der Corona-Fallzahlen verdiene höchste Aufmerksamkeit, sagte Karliczek und verwies auch auf die Ausbreitung neuer Virusvarianten. "Das muss auch beim Schulbetrieb bedacht werden. Ich bin mir aber sicher, dass die Länder dies bei ihren Öffnungsentscheidungen berücksichtigen."
Sachsen hat schon vor einer Woche geöffnet. Niedersachsen unterrichtet Grundschüler bereits seit Januar wieder in der Schule.
Je nach Bundesland soll der Unterricht entweder im Wechselbetrieb stattfinden mit halben Klassen, die abwechselnd zur Schule kommen, oder im Vollbetrieb mit festen Gruppen, die sich möglichst nicht begegnen sollen. Ab Montag gilt zudem in den Schulen eine verschärfte Maskenpflicht. Alle müssen sowohl auf dem Schulgelände als auch im Gebäude und am Platz im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sollen in vielen Schulen die Grundschüler sogar OP- oder FFP2-Masken auf haben. In Berlin etwa gilt in vielen Einrichtungen auch im Sportunterricht die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.
Die Präsenzpflicht wurde aber bis auf Weiteres ausgesetzt, so dass Eltern selbst entscheiden können, ob sie ihre Kinder weiter zu Hause unterrichten wollen oder in die Einrichtung schicken.
Da die Länder Kita- und Schulöffnungen auch an regionale Corona-Inzidenzen gekoppelt haben, bleiben die Einrichtungen nun in einigen Landkreisen und Städten weiterhin zu oder nur im eingeschränkten Betrieb, selbst wenn ein Land grundsätzlich Öffnungen angekündigt hat. Der gebräuchliche Sieben-Tage-Inzidenzwert gibt die Zahl der neu bestätigten Corona-Befunde in den vergangenen sieben Tagen an.
Viele Einrichtungen bundesweit waren in den vergangenen Wochen aber nicht richtig geschlossen. In den Ländern gab es verschiedene Regelungen: Entweder war alles zu mit einem Angebot zur Notbetreuung oder grundsätzlich geöffnet, aber mit einem Appell an die Eltern, die Kinder nicht zu bringen. Das hat dazu geführt, dass mancherorts zumindest in Kitas nicht wirklich Lockdown war, und auch die Notbetreuung der Grundschulen wurde zum Teil gut genutzt.
Abschlussklassen durften ebenfalls in den Schulen unterrichtet werden. Für sie hatten Bund und Länder eine Ausnahmeregel wegen der Prüfungsvorbereitung vereinbart. Diese gilt weiterhin. Die meisten Fragezeichen bleiben nun für die Jahrgänge oberhalb der Grundschule und unterhalb der Abschlussklassen. Es ist offen, wann sie ihre Schulen wieder von innen sehen.
Da Abstand an Grundschulen und Kitas kaum möglich ist, sollen deshalb die Beschäftigten, wenn es nun schon Öffnungen gibt, bei der Impfung früher dran kommen. Nach Angaben von Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vielleicht schon im März. Das Ganze scheint unstrittig und ist dem Vernehmen nach schon so gut wie beschlossen, aber es ist auch nicht so einfach, wie es klingt. Familienministerin Franziska Giffey sagte dazu: "In dem Moment, wo Sie eine Gruppe höher priorisieren, heißt das, dass eine andere Gruppe weiter nach hinten rutscht." Trotzdem spricht sich die SPD-Politikerin in der Abwägung dafür aus:
"Weil wir einfach gesehen haben, welche große Bedeutung die Kinderbetreuung für viele andere Bereiche in Deutschland hat, für das Funktionieren unseres Gesamtsystems."
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnt dagegen, dass Hochbetagte und Schwerkranke dann ins Hintertreffen geraten könnten. "Wenn jetzt Berufsgruppen noch weiter nach vorn gesetzt werden sollen, wird das Leben kosten", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der dpa. In Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt insgesamt knapp eine Million Grundschullehrer und Kita-Beschäftigte.
Große Hoffnungen werden in den verstärkten Einsatz von Schnelltests gesetzt. Am besten zweimal pro Woche das Kita- und Grundschulpersonal testen, einschließlich Hilfskräften oder Köchen, sagt Familienministerin Giffey. Sie sieht das als "Brücke", bis alle in den Einrichtungen, die das möchten, geimpft sind. Rechnerisch wären das an die zwei Millionen Tests in der Woche.
Auch das liegt aber in der Hand der Bundesländer. Und die haben bereits entsprechende Pläne. In Berlin zum Beispiel sollen sich Grundschullehrkräfte und Erzieherinnen ab Montag zweimal in der Woche freiwillig testen lassen können. Vorher geschulte Mitarbeiter der Schulen und Kitas sollen das machen. Ähnliche Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern.
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(rt/dpa)