Ungenutzte AstraZeneca-Dosen: Impfzentren für alle öffnen? Berliner Impforganisator sagt: Nein!

Ärztevertreter fordern, die Impfzentren für alle zu öffnen und die strengen Abstufungsregeln aufzulösen. Als Grund gilt der vorgeblich schlechte Ruf des AstraZeneca-Impfstoffs wegen seines angeblich geringen Wirkungsgrads. Impforganisator Albrecht Broemme hält bei RT DE dagegen.

In der Tat wurden in Deutschland bisher von 1,5 Millionen gelieferten Dosen des Pharmakonzerns AstraZeneca nur rund 150.000 verimpft. Zum Zentrum am früheren Berliner Flughafen Tegel kamen nur 200 Interessenten am Tag, obwohl dort bis zu 3.800 Menschen eine Impfung erhalten können. In Sachsen vermeldeten die Gesundheitsbehörden vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) 2.500 freie Termine.

Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (SPD) fordert in der Bild am Sonntag: "Wir sollten beim AstraZeneca-Impfstoff jetzt unbürokratisch die Impfzentren für alle unter 65 Jahren aus den ersten drei Prioritätsgruppen öffnen." Klaus Heckemann, Allgemeinmediziner und Chef der Kassenärzte in Sachsen, will sogar ohne Priorisierung impfen und den AstraZeneca-Impfstoff damit für alle zugänglich machen. Der Virologe Alexander Kekulé von der Universität Halle-Wittenberg fände es richtig, überschüssige Dosen auch Menschen anzubieten, die eigentlich noch nicht an der Reihe sind.

Davon hält Albrecht Broemme, der Organisator der sechs Berliner Impfzentren, nichts. Gegenüber RT DE sagte er:

"Wir sollten die Priorisierung Bedürftiger und Älterer nicht brechen. Auch wenn der Impfstoff von AstraZeneca nicht die erhoffte Nachfrage verzeichnete, ist es immer noch ein guter Impfstoff für Leute bis 65. Wir arbeiten planmäßig jetzt mit anderen Impfstoffen sogar an den über 70-jährigen und werden mit Sicherheit im März ausreichend Impfstoffe zur Verfügung haben, dass alle sechs Impfzentren auf Volllast fahren."

Die Zentren in der Hauptstadt verimpfen AstraZeneca am ehemaligen Flughafen Tegel Biontech/Pfizer an der Messe und der Arena Berlin, den Moderna-Impfstoff am Velodrom und dem Erika-Heß-Eisstadion. Am alten Flughafen Tempelhof soll Anfang der Woche der Betrieb aufgenommen werden. Albrecht Broemme zu RT DE:

"Es hängt da nur noch an der Impfstofflieferung von Moderna. Wichtig ist, dass wir jetzt die dritte Welle brechen. Die macht mir echt Angst."

Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), erklärte, dass die aktuelle Empfehlung schon jetzt erlaube, bei Verfügbarkeit eine Priorisierungsgruppe zu überspringen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte vorgeschlagen, Lehrkräfte, Erzieher, Polizei, Feuerwehr und sogar Mitarbeiter von Einzelhandel und Nahverkehr mit dem AstraZeneca-Vakzin zu versorgen.

Albrecht Broemme hält das für falsch:

"Zwar bin ich durchaus dafür, dass Pflegepersonal, Polizisten oder Feuerwehrleute eine übriggebliebene Spritze bekommen, bevor der Impfstoff kaputtgeht. Aber das ist wohl eher die Ausnahme. Wir sollten uns an die Reihenfolge halten. Wenn demnächst 120 Praxen ebenfalls impfen, macht sich ein Arzt auch strafbar, wenn er etwa seine Tochter einer 77-jährigen Patientin vorzieht."

Auf einer Podiumsdiskussion erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag, dass er am Montag mit Fachministern der Länder bespreche, ob Grundschullehrer und Kita-Erzieher vorgezogen werden könnten. Albrecht Broemme dazu:

"Er sollte mal überlegen was er da sagt. Am Montag machen in Berlin die Schulen und Kitas auf. Selbst wenn wir jetzt sofort alle Lehrer impfen würden, dauert es bis zu deren Immunisierung bis Ostern."

Albrecht Broemme hält es angesichts neuer Studien von österreichischen Schulen für sinnvoller, Lehrer mindestens zweimal die Woche zu testen.

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