ifo-Konjunkturchef: "Die Corona-Krise wird den Strukturwandel in Deutschland vorantreiben"

Nach dem Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) wird die deutsche Konjunktur durch den zweiten Lockdown im Winterhalbjahr 2020/21 einen Dämpfer erhalten. Anlässlich der Veröffentlichung seines Fachaufsatzes sprach RT DE mit dem ifo-Konjunkturchef.

Anlässlich der Veröffentlichung seines Aufsatzes über die konjunkturellen Auswirkungen des zweiten Lockdowns auf ausgewählte Wirtschaftsbereiche sprach RT DE mit dem Leiter der ifo-Konjunkturforschung Prof. Dr. Timo Wollmershäuser. Der Wirtschaftswissenschaftler meint:

"Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der zweiten Corona-Welle sind (...) deutlich geringer als während der ersten Welle im Frühjahr 2020, als die deutsche Konjunktur massiv nach unten gezogen wurde."

Während beim ersten Lockdown alle Wirtschaftsbereiche betroffen gewesen seien, habe der zweite weniger spürbare Auswirkungen auf Branchen wie die Industrie, den Bau und die damit verflochtenen Dienstleistungen geghabt, so Wollmershäuser weiter. Die Wirtschaftsleistung sei dagegen in den konsumnahen Dienstleistungsbereichen wie dem Gastgewerbe, den Freizeit-, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie den Friseur- und Kosmetiksalons ins Minus gerutscht.

Denn dies sind Branchen, in denen soziale Kontakte ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells sind. Wollmershäuser zufolge werde der Online-Handel, der als einer der Profiteure des Lockdowns gilt, nun aber auch leiden, weil weniger Geld von den Verbrauchern ausgegeben werde. Und weiter:

"Diese Krise bringt viele Veränderungen mit sich. Kurzfristig bricht die Konjunktur ein, Umsätze fallen weg. Das kurzfristige Schließen der Wirtschaft soll aber durch die reduzierten Kontaktmöglichkeiten eine langfristige Bekämpfung des Virus erzielen. Somit stehen wir aber vor einem Zielkonflikt."

Aus der Sicht des Wirtschaftswissenschaftlers existieren jedoch bessere Lösungsansätze als das schlichte Herunterfahren der Wirtschaft. Anstelle von Schließungen und Kontaktbeschränkungen schlägt der ifo-Konjunkturchef einen anderen Weg vor:

"Eine überlegene Strategie wäre, die Geschäftstätigkeit zu erlauben und dabei gleichzeitig den Virus durch intensiveres Testen zu kontrollieren. So können die Umsätze die Ausgaben um die Viruskontrolle ausgleichen."

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