"Lage ist katastrophal": Neuschnee und Verkehrschaos in Deutschland

Schnee, Eis, Glätte: Angesichts des extremen Winterwetters geht nichts mehr auf vielen Autobahnen in Deutschland. Auf etlichen Strecken – vor allem in der Mitte und im Osten des Landes – herrschen chaotische Zustände. Räumfahrzeuge kommen kaum durch.

Schnee und Eis treffen den Straßenverkehr in vielen Regionen Deutschlands schwer. Zahlreiche Unfälle und teils kilometerlange Staus sind die Folge. Steckengebliebene Lastwagen blockierten nach heftigen Schneefällen die Autobahnen, etwa im Norden und Osten Hessens auf der A4 und der A7. Ein Sprecher der Polizei in Fulda am frühen Montagmorgen:

"Die Lage ist katastrophal."

In vielen Bereichen stünden Lastwagen und Autos seit sechs Stunden im Stau, und es gehe nicht vorwärts oder rückwärts. Räumfahrzeuge kämen kaum durch. LKW-Fahrer sollten die Autobahnen nicht mehr befahren. Es sei noch nicht abzusehen, wann die Fahrbahnen wieder frei seien.

Wegen des heftigen Wintereinbruchs stellten mehrere Städte in Hessen den Busverkehr komplett ein – etwa Kassel und Marburg an der Lahn. Grund sei der starke Schneefall sowie vereiste Straßen, teilten die Stadtwerke Marburg mit. Auch die Busse und Straßenbahnen in Kassel bleiben laut Stadtwerken in den Depots.

Auf der A6 bei Nürnberg blieben Lastwagen ebenfalls reihenweise im Schnee stecken. Ein Auto hatte sich während des Schneefalls gedreht und die Fahrbahn versperrt, wie ein Polizeisprecher am Montagmorgen sagte. Etwa 100 Fahrzeuge stauten sich im Anschluss. Bis das Auto geborgen wurde, seien etliche Lastwagen eingeschneit worden. Das Technische Hilfswerk befreite die Lkw bis in die Nacht hinein.

Auf der A4 bei Gera in Thüringen fuhren sich Lastwagen in Schneeverwehungen fest, es bildete sich ein kilometerlanger Stau. Abschleppdienste und Räumfahrzeuge mussten die Lkw befreien.

Ebenfalls in Thüringen blieb eine dreiköpfige Familie mit ihrem Auto im Schnee stecken. Laut Polizei blieb das Fahrzeug am Sonntagabend bei Sömmerda stehen und kam nicht mehr weiter. Eigenen Angaben zufolge versuchte die Familie stundenlang, das Auto vom Schnee zu befreien und wählte gegen Mitternacht schließlich den Notruf. Die Eltern und ihre siebenjährige Tochter mussten von der Feuerwehr gerettet werden und wurden in eine Notunterkunft gebracht. Aufgrund des schweren Schneefalls konnte das Auto der Familie zunächst nicht geborgen werden.

Nicht mehr so dramatisch dagegen war die Lage in Nordrhein-Westfalen: Auf den Autobahnen herrschte am Montagmorgen weitgehend freie Fahrt für Pkw. "Es gab kaum Unfälle, alle waren sehr diszipliniert", sagte ein Sprecher der Polizei Münster.  Die Autobahnen im Bezirk seien nach dem Schneechaos vom Wochenende weitgehend befahrbar.

Die Bilanz der NRW-Polizei: Insgesamt 720 Einsätze innerhalb von 24 Stunden bescherte das extreme Winterwetter den Beamten. Allein von Sonntagmorgen 6.00 Uhr bis Montagmorgen 6.00 Uhr seien die Beamten zu 507 witterungsbedingten Unfällen gerufen worden, sagte ein Sprecher der Landesleitstelle. Bei den Unfällen habe es einen Toten und 37 leicht verletzte Personen gegeben. In Duisburg war am Sonntag ein Wagen von der Straße abgekommen und in einem Bach gelandet. Dabei starb der Fahrer.

Einschränkungen auf den Autobahnen gibt es etwa in Berlin: Auf den Stadtautobahnen solle auf Grund der Wetterlage nicht schneller als 60 Kilometer pro Stunde gefahren werden, erklärte die Verkehrsinformationszentrale. Auf den Straßen der Hauptstadt sei mit extremer Glätte zu rechnen.

Auch den Fahrplan der Bahn trifft das extreme Winterwetter. Viele Fernzüge fielen aus, etwa auf wichtigen Strecken wie von Berlin Richtung Köln, Hannover, Frankfurt am Main und München. Die Deutsche Bahn erklärte, dass auf diesen Strecken der Bahnverkehr vorerst weiter eingestellt bleibe.

Auch der Fernverkehr zwischen Deutschland und den Niederlanden wurde eingestellt. Die Deutsche Bahn teilte am Sonntagabend mit: 

"Schnee und Eis werden den Nah- und Fernverkehr der DB in weiten Teilen des Landes auch am Montag beeinträchtigen."

Reisende wurden gebeten, "die zahlreichen Informationskanäle der DB zu nutzen, um sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindung zu informieren".

Am Montag soll es mit hartem Winterwetter weitergehen: Der Deutsche Wetterdienst warnte in der Nacht vor teils kräftigen Schneefällen mit meist zehn bis 25 Zentimetern Neuschnee in der ersten Tageshälfte in der Mitte Deutschlands – vor allem Nordosthessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen würden betroffen sein. Auch in anderen Bundesländern müssen die Menschen weiter mit Einschränkungen durch den Wintereinbruch rechnen.

In Norddeutschland müssen sich die Menschen auf Hochwasser an der Ostsee einstellen. Ein kontinuierlicher Ostwind bringt Wassermassen an die Ostseeküste, wie ein Meteorologe sagte. Für den Montag sei in der Kieler Bucht mit bis zu 80 Zentimeter höheren Wasserständen zu rechnen und auch in der Lübecker Bucht steige das Wasser deutlich an.

Der heftige Schneesturm hatte in Teilen Deutschlands bereits am Sonntag ein Verkehrschaos verursacht. Es fielen mancherorts mehr als 30 Zentimeter Schnee, dazu kamen meterhohe Verwehungen. Polizei und Feuerwehr fuhren zahllose Einsätze. Bei der Bahn kam es im Regional- und Fernverkehr zu großen Einschränkungen. Der heftige Wintereinbruch brachte die Räumdienste etwa in Nordrhein-Westfalen an ihre Grenzen. Die Polizei musste spiegelglatte Autobahnen sperren, es gab Hunderte Unfälle, bei der Bahn fielen Züge wegen vereister Oberleitungen aus.

Tief "Tristan" über Mitteleuropa und dem zentralen Mittelmeer bringt im Zusammenspiel mit Hoch "Gisela" über Skandinavien weitere eisige Luft. Meteorologe Simon Trippler vom DWD sagte: 

"Nach dem schnee- und windreichen Wochenende kommt nun aus Osten die große Kälte auf uns zu."

Mit Schnee muss weiterhin gerechnet werden, allerdings fällt dieser nicht mehr so intensiv wie am Wochenende. Am Dienstag lassen die Schneefälle dann größtenteils nach.

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(dpa/rt)