Spahn sieht noch "harte Wochen der Knappheit" – Kritik am Ergebnis des "Impfgipfels"

Mit den Corona-Impfungen geht es eher schleppend voran – und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Das wurde beim "Impfgipfel" deutlich. Aus der Opposition kommt Kritik. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete das Spitzengespräch etwa als "Impfplacebo".

Nach dem "Impfgipfel" von Bund und Ländern hoffen vor allem die Kommunen auf mehr Planungssicherheit bei den Impfungen für die Bürger. Doch bis in den April hinein rechnet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erst einmal noch mit "harten Wochen der Knappheit" beim Impfstoff. Linke, FDP und Grüne zeigten sich enttäuscht von den Ergebnissen der Spitzengespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Vertretern von Ländern, Pharmaindustrie und der EU-Kommission am Montag.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: 

"Dieser Gipfel hat die Versäumnisse der Regierung offengelegt."

Die Bundesregierung und die Europäische Kommission müssten jetzt eine Task-Force zur Impfstoffbeschaffung einrichten. Die Bundesregierung sollte nach Hofreiters Forderungen "Investitions- und Umrüstungskosten großzügig mitübernehmen und eine Abnahmegarantie für alle Impfstoffe aussprechen".

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete den Gipfel als "Impfplacebo". Es hätte nach seinen Worten einen klaren Plan der Bundesregierung gebraucht, wie sie Deutschland aus dem "Impfdesaster" führen wolle. Bartsch ergänzte:

"Dazu wäre ein klarer Produktions- und Verteilungsplan notwendig, der kurzfristig greift."

Das Ergebnis sei vor allem eine "Beruhigungspille an die Bevölkerung", sagte der Linken-Fraktionschef den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete die Ergebnisse des Gipfels als enttäuschend.

Nach dem Gespräch hatte Kanzlerin Merkel erklärt, Bund und Länder wollten in einem "nationalen Impfplan" künftig auch bestimmte Annahmen modellieren, um Mengen beim Impfstoff vorab besser abschätzen zu können. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, meinte dennoch:

"Die Bund-Länder-Konferenz war die Steigerung des Unverbindlichen."

So komme Deutschland nicht aus der Pandemie heraus, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch der Bundesgeschäftsführer des Mittelstandsverbands BVMW, Markus Jerger, kritisierte das Spitzengespräch und nannte es ein "Tal der Unverbindlichkeiten". Weder eine verbindliche Exit-Strategie noch ein klarer Fahrplan für Lockerungen der Freiheitsrestriktionen für Betriebe und Bürger seien sichtbar, so Jerger weiter.

Vertreter der Länder zeigten sich ebenfalls unzufrieden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sprach von einem durchwachsenen Ergebnis der Gespräche. "Die EU-Kommissare konnten für mich nicht überzeugend darstellen, warum nicht mehr bestellt wurde, wie es in anderen Ländern der Fall ist", sagte die SPD-Politikerin.

Die EU-Kommission hatte für die gesamte Europäische Union Impfstoff bei verschiedenen Produzenten eingekauft. Die Impfungen in Deutschland und dem Rest der EU hatten kurz vor dem Jahreswechsel begonnen. Begleitet waren die ersten Wochen von Lieferschwierigkeiten einzelner Hersteller, Problemen bei der Terminvergabe und Unmut über fehlenden Impfstoff.

Gesundheitsminister Spahn erklärte am Montagabend in den ARD-Tagesthemen, beim "Impfstoff-Gipfel" sei allen Teilnehmern klar geworden, dass es im ersten Quartal bis in den April hinein noch "harte Wochen der Knappheit" geben werde. Der CDU-Politiker ergänzte: "Das lässt sich nicht schneller beschleunigen, übrigens auch mit Geld nicht", hätten die Hersteller klargemacht. Geld sei nicht der begrenzende Faktor. Erst im zweiten Quartal werde es nennenswert mehr Impfstoff geben.

BioNTech-Chef Uğur Şahin betonte ebenfalls in den ARD-Tagesthemen, die Hersteller seien in einer Ausnahmesituation. "Wir sind selbst davon abhängig, dass die Zulieferer uns Materialien liefern", erklärte er.

"Wir haben auch keine vollen Lagerstätten. Alles, was wir produzieren, wird de facto sofort ausgeliefert."

Wenn es zu einer Verzögerung komme wegen eines Problems, schlage das sofort durch.

Mehr zum Thema - Aus Protest gegen Corona-Politik: Mathematik-Professor verlässt Leopoldina

(dpa/rt)