Deutsches Kinderhilfswerk: "Wir vertun eine Chance, wenn wir nur auf das Ende der Krise warten"

Unter den Pandemiebedingungen seien viele sozial schwache Familien besonders gefordert, erklärt der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes Holger Hofmann im Interview mit RT DE. Mit den Nachwirkungen der Pandemie werde man noch lange zu kämpfen haben.

Zur Eindämmung der Corona-Infektionszahlen hat die Bundesregierung am Dienstag beschlossen, den bundesweiten Lockdown bis zum 14. Februar zu verlängern. Von den neuen Maßnahmen sind Kinder und Jugendliche stark betroffen. Über die Auswirkungen von Homeoffice auf Familien mit Kindern sowie die sozialen und emotionalen Folgen der Kontaktbeschränkungen durch Schulschließungen sprach RT DE mit dem Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes Holger Hofmann.

Hofmann erklärte, dass die Einschätzung der Auswirkungen von Homeoffice auf Kinder unter anderem davon abhänge, wie lange im Homeoffice gearbeitet wird und wie die Schulen aufgestellt sind.

"Auf Dauer hinterlässt das insbesondere bei den Familien, die Schwierigkeiten haben, zu Hause eine gute Situation für die Kinder herzustellen, [...] dann auch viele Nöte und Überforderung, die besonders bei belasteten Familien zutage tritt."

Dass die Eltern zu Hause sind, sei für die Kinder zunächst eine neue Situation. Ungewohnt sei aber, dass die Eltern sich (während der Arbeitszeit) trotzdem nicht um die Kinder kümmern können. In einigen Fällen könnten durchaus positive Situationen entstehen. Zugleich warnte Hofmann: Wenn die Bedingungen der Familie schlecht seien, könne es auch zu Konflikten kommen:

"Die Haare werden länger, und die Zündschnur wird kürzer."

Da die Kinder durch die neue Situation verunsichert seien und die normalen Bezugspersonen (etwa die Kindererzieher oder die Lehrer) fehlten, seien sie ganz auf die Eltern, die selbst in einer Stresssituation seien, angewiesen. Zurückweisungen der Eltern gegenüber den Kindern kämen so zustande. Die Eltern und Kinder seien auf sich gestellt – für viele Familien sei das eine Überforderung.

Man könne davon ausgehen, dass man noch deutlich mit den Folgewirkungen der Pandemie zu kämpfen haben werde; es sei zu erwarten, dass die Fälle von Kinderschutzhilfe steigen würden.

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