Streit um Bericht zu Kindesmissbrauch: Erzbistum Köln verärgert Journalisten

Das katholische Erzbistum Köln steht wegen seines Umgangs mit einem bisher unveröffentlichten Bericht zu Vorwürfen des Kindesmissbrauchs in der Kritik. Ein Gespräch mit Journalisten ist nun geplatzt, da das Erzbistum eine Verschwiegenheitserklärung von diesen verlangte.

Mehrere Journalisten haben die Kommunikation mit dem Erzbistum Köln abgebrochen, nachdem dieses von ihnen verlangt hatte, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen, um eine beschränkte Einsicht in ein bisher nicht öffentlich zugängliches Gutachten zu sexualisierter Gewalt in der Kirche zu erhalten. Das Erzbistum selbst hatte den Bericht in Auftrag gegeben, in dem auch die Namen von mutmaßlich in Missbrauchsfällen verwickelten Priestern auftauchen sollen.

Doch um ihn dreht sich schon seit Monaten ein Streit, denn ursprünglich sollte der Bericht im März letzten Jahres veröffentlicht werden. Zunächst wurde die Veröffentlichung wegen angeblicher rechtlicher Fehler verschoben, anschließend verkündete das Erzbistum im Herbst letzten Jahres, den Bericht gar nicht mehr veröffentlichen zu wollen, da dieser angeblich methodische Fehler enthalte.

Anfang Januar sollte es ein Gespräch zwischen mehreren Journalisten und dem Erzbistum geben, bei dem die Medienvertreter einen beschränkten Einblick in den Bericht erhalten sollten. Zweck des Treffens war, zumindest aus Sicht der Journalisten, sich einen Überblick zu den angeblichen methodischen Fehlern des Berichts zu verschaffen. Aber es kam nicht zu diesem Gespräch, da das Erzbistum von den Journalisten verlangte, im Voraus eine Verschwiegenheitserklärung zu den Berichten zu unterschreiben. Dadurch wäre es für die Medienvertreter aber faktisch unmöglich geworden, darüber zu berichten, es sei denn, sie hätten beweisen können, dass sie ihre Informationen nicht aus dem Bericht selbst, sondern aus Drittquellen bezogen.

Joachim Frank, Chefkorrespondent von DuMont, Mitglied der Chefredaktion des Kölner Stadt-Anzeigers und Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschland, erklärte RT DE:

"Keine/r der anwesenden JournalistInnen hat die von Anwälten entworfene Erklärung unterzeichnet. Für Gespräche mit Journalistinnen und Journalisten gibt es Regeln. Es gibt den Pressekodex und das Presserecht. Und es gibt das Vertrauen unter Gesprächspartnern. Die Pressestelle des Erzbistums hat zu einem 'vertraulichen' Gespräch geladen, aber die Presseanwälte des Erzbistums haben mit Misstrauensbekundungen gegenüber Journalisten operiert. Der Versuch, ein solches Gespräch und damit das journalistische Wissen um Inhalte des WSW-Gutachtens an im Zweifelsfall juristisch relevante schriftliche Verpflichtungen zu binden, ist für dieses Gesprächsformat vollkommen unüblich."

Frank kritisiert ferner, dass das Erzbistum Köln sich seine Pressearbeit von Presseanwälten diktieren lasse:

"Wer seine Pressearbeit von Presseanwälten machen lässt, ist mit seiner Kommunikation am Ende. Bistumsmitarbeiter berichten, dass jedes Pressestatement und die Antwort auf jede Presseanfrage zu heiklen Themen von den Presseanwälten geschrieben oder gegengelesen werde. Solche Presseanwälte sind Informationsverhinderer im Dienste ihres Auftraggebers. Und genauso klingen deren Erklärungen dann auch."

Auch Volkmar Kah, Geschäftsführer des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) äußerte sich gegenüber RT DE zu dem Vorfall. Kah betonte, dass es aus Sicht des DJV zwischen einem regulären Hintergrundgespräch "und einer solchen allumfassenden Verschwiegenheitserklärung ein erheblicher Unterschied" bestehe.

"Im Wesentlichen kritisieren wir an dieser mehr als ungewöhnlichen Vorgehensweise des Erzbistums, dass sie in ihrer Art geeignet war, Berichterstattung zu beeinflussen, dauerhaft zu verhindern. Das ist nicht hinnehmbar."

In einer Pressemitteilung bezeichnete der Vorsitzende des Landesverbandes NRW des DJV, Frank Stach, solche schriftlichen Geheimhaltungsvereinbarungen in der journalistischen Arbeit als "vollkommen unüblich". Dies komme einem "Maulkorb" gleich.

"Bei diesen Verboten fragt man sich, über was dann überhaupt noch berichtet werden darf und warum das Bistum überhaupt eingeladen hat."

Stach stellte sich hinter die Entscheidung der Journalisten, die Unterschrift unter ein solches Dokument zu verweigern. Zu verlangen, dass Journalisten Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben, die es ihnen unmöglich machen, über das Thema zu berichten, lasse den "Eindruck entstehen, man wolle etwas verschleiern".

Die Presseabteilung des Erzbistums Kölns erklärte RT DE, dass das Erzbistum zu dem vertraulichen Hintergrundgespräch keine Stellungnahmen abgebe.

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