Usedomer Friseurin öffnet trotz Lockdown wegen finanzieller Notlage

Die Corona-Maßnahmen führen viele kleine Geschäftstreibende und Selbständige in eine existenzielle Krise. Während einige zu dramatischen Mitteln greifen, um ihre finanzielle Lage zu stabilisieren, fordern andere mehr staatliche Hilfen.

Die Usedomer Friseurin Bianca Orpel wird am Montag trotz des bundesweiten Lockdowns wieder ihr Geschäft eröffnen, wie die Ostsee-Zeitung berichtete. Sie begründete diesen Schritt damit, dass sie "nichts mehr zu verlieren" habe. Ohne Arbeit sei sie "ja gar kein Mensch" mehr. Die Zinnowitzer Friseurmeisterin weiß nicht, wie sie die nächsten Monate finanziell überbrücken soll. Sie stehe "vollkommen mittellos da". Sie erhalte keinen Kredit und wisse nicht einmal, wie sie das Schulgeld für ihren Sohn bezahlen soll.

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Orpel bestreitet nicht, dass es die COVID-19-Pandemie gibt, und distanziert sich somit von gewissen Kreisen, die die Pandemie grundsätzlich bestreiten. Die Selbständige verweist darauf, dass sie sich darum bemüht habe, sämtliche Corona-Auflagen zu erfüllen. Ihre eigene Tochter arbeite im Krankenhaus und sehe, wie schlimm die Lage sei.

Sie verwies auf die Widersprüchlichkeiten der Corona-Politik:

"Überall in den großen Geschäften, wo Hunderte Menschen einkaufen, sind die Sicherheitsmaßnahmen zurückgefahren worden. Anders als im Frühjahr sehe ich kaum noch Security und die Spender für Desinfektionsmittel sind oft leer."

Dagegen hätten Friseurläden sich strikt an die Corona-Regeln gehalten. 

Ihre finanzielle Notlage trotz staatlicher Hilfen ist darauf zurückzuführen, dass diese nur für Geschäftsausgaben genutzt werden dürfen (etwa Ladenmiete), nicht aber für private Bedürfnisse, etwa Lebensmittel oder Schulgeld:

"Bis jetzt ging das alles noch und wenn ich am 11. Januar wieder hätte arbeiten dürfen, wäre auch alles gut gewesen, das Terminbuch ist ja voll. Aber für alles danach habe ich keine Rücklagen mehr."

Daher sei sie gezwungen, ab Montag wieder zu öffnen. Ihr Kundenbuch sei auch voller Termine.

Auch andere Ladenbetreiber stehen vor einer vergleichbaren Problematik. Sie versuchen, auf ihre Notlage aufmerksam zu machen. Einige fordern, dass für Einzelhändler die gleichen Regeln angewendet werden wie bei der Gastronomie. Diese können bei staatlichen Hilfen 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats beantragen.

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