Rückgänge bei Behandlungen aufgrund des Coronavirus-Lockdowns führen bei Krankenhäusern bundesweit zu finanziellen Engpässen. Um Betten für COVID-19-Patienten freizuhalten, wechseln viele Kliniken in eine Art Notbetrieb. Planbare, nicht dringliche, zudem auch für die Einrichtungen lukrative Eingriffe wie etwa ein neues Hüft- oder Kniegelenk werden verschoben, Fokus der Einrichtungen liegt auf der Versorgung von Corona-Patienten und Notfällen.
Die coronabedingten Betriebseinschränkungen hatten bereits während des Lockdowns im Frühjahr zu erheblichen finanziellen Belastungen der Krankenhäuser geführt. Die ungenutzten Krankenbetten und verschobene Eingriffe hatten Einnahmeausfälle verursacht. Laut einer Studie aus dem Juli 2020 hatten fast sechs von zehn Kliniken (57 Prozent) für 2020 mit einem Defizit gerechnet. Bei den großen Einrichtungen mit über 1.000 Betten waren es gar 72 Prozent. Die Bundesregierung hatte einen Rettungsschirm aufgespannt. Pro Bett bekamen die Kliniken eine Einmalzahlung von 560 Euro. Bis September erhielten die Krankenhäuser dann eine "Freihaltepauschale", die abhängig vom Umsatz der Einrichtung zwischen 350 und 750 Euro betrug.
Nun schlägt die Deutsche Krankenhausgesellschaft erneut Alarm. Der Verbandspräsident, Gerald Gaß, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:
"Wenn die Bundesregierung die Hilfen nicht deutlich erhöht, werden flächendeckend Kliniken bereits im ersten Quartal 2021 nicht mehr die Gehälter ihrer Mitarbeiter zahlen können."
Die Kliniken seien in einer dramatischen Situation, denn das Geld aus der Regelversorgung fehle. Die Krankenhäuser verfügten nur noch begrenzt über finanzielle Mittel.
Mitte Dezember hatte die Bundesregierung einen neuen Rettungsschirm für die Krankenhäuser aufgespannt. Nach dem Konzept des Gesundheitsministeriums erhalten diese in besonders corona-belasteten Gebieten Ausgleichszahlungen, wenn sie auf aufschiebbare Eingriffe verzichten und damit Betten freihalten. Davon würden aber lediglich 25 Prozent der Kliniken erfasst, erklärte Gaß. Der Verbandspräsident schlug vor, dass die Kliniken auf der Basis von 2019 monatlich ihr Budget erhalten sollten und Ende 2021 genau abgerechnet wird.
Auch das aktuelle Krankenhaus Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) zeigt demnach, dass zwei Drittel aller Klinikbetreiber im Gesamtjahr 2020 mit Verlusten rechneten. Lediglich 18 Prozent der knapp 2.000 Kliniken mit 1,3 Millionen Mitarbeitern beurteilen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut.
Aus dem Barometer geht etwa hervor: Von Mitte März bis Anfang Mai 2020 hätten die "Erlösverluste bei den Kliniken mit Rückgang stationärer Eingriffe und Operationen" pro Haus im Schnitt bei etwa 2,5 Millionen Euro (Median: 1.800.000 Euro) gelegen. Bei den ambulanten Operationen und stationsersetzenden Eingriffen bewegten sich die finanziellen Einbußen demnach pro Krankenhaus im Mittel bei knapp 250.000 Euro (Median: 120.622 Euro).
Bereits Ende Juni veröffentlichte das Wissenschaftliche Institut der AOK-Versicherung anhand der Daten von 27 Millionen AOK-Versicherten eine Auswertung der Fallzahlenrückgänge bei den Krankenhausbehandlungen aufgrund des Coronavirus-Lockdowns im März und April 2020. Demnach ging die Patientenzahl in Kliniken deutlich zurück – 39 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. So heißt es in der Analyse:
"Besonders hohe Rückgänge sind bei planbaren, nicht dringlichen Eingriffen wie Operationen zum Arthrose-bedingten Hüftersatz (minus 79 Prozent) zu verzeichnen."
Die Auswertung zeigte aber ebenso auf, dass auch lebensbedrohliche Notfälle seltener behandelt wurden. Anhand der AOK-Daten gab es "starke Rückgänge" bei der Behandlung von Versicherten mit Herzinfarkten (minus 31 Prozent) und Schlaganfällen (minus 18 Prozent). Als mögliche Ursachen für diese Zahlen nannten die AOK-Experten etwa die "regulatorischen Vorgaben der Politik wie die Verschiebung von planbaren und weniger dringlichen Behandlungen" sowie etwa die "individuellen Beweggründe" der Patienten wie "die Furcht der Menschen vor einer Coronavirus-Infektion".
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