Im seinem Interview für die Wochenzeitung Die Zeit mit deren Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Tina Hildebrandt erzählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht nur von dem Kasseler Braten mit Sauerkraut, den seine Mutter traditionell für Weihnachten zubereiten wolle.
Das Themenspektrum der Unterhaltung erstreckte sich von der Quarantäne, die Steinmeier alleine mit Büchern verbringen musste, über die Anti-Corona-Proteste und das Infektionsschutzgesetz bis hin zum Rechtsextremismus und dem Islamismus in Europa.
Zu den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen sagte Steinmeier:
"Wir hatten uns angewöhnt, die Autonomie unseres Daseins zu betonen, unsere Körper zu optimieren, zu kontrollieren. Nun erleben wir, dass der Kern des Daseins das Angewiesensein auf andere ist. Viele erleben das als Angriff auf ihr Selbstwertgefühl, als Verunsicherung, und bei manchen ruft das Ablehnung hervor."
Die letzte Frage des Interviews lautete: "Gab es auch politische Ereignisse in diesem Jahr, die für Sie erfreulich waren, Herr Steinmeier?" Neben dem "Vertrauen in die Institutionen", das "gewachsen" sei, und den "schnellen Fortschritten bei der Impfstoffentwicklung", nennt Steinmeier den 3. November – also den Tag der Präsidentschaftswahl in den USA:
"Dieser Tag ist nach meiner Überzeugung ein glückliches Ereignis für Europa. Die weitere Erosion des Multilateralismus, die Schwächung der internationalen Organisationen kann jetzt aufgehalten werden. Wir werden mit den Amerikanern wieder so sprechen können, dass uns auch Streitpunkte nicht spalten. Das ist unglaublich viel, gemessen an dem, was wir erlebt haben. Und offen gesagt: Ich weiß nicht, ob die NATO vier Jahre Trump noch überstanden hätte."
Mehr zum Thema - "Würdiges" und "unwürdiges" Gedenken, oder: Mit der ARD am deutschen Wesen genesen