Studie: Geringverdiener erleiden am meisten Corona-Einbußen

Laut einer aktuellen Untersuchung des Gewerkschaftsinstituts WSI ist die Einkommens-Ungleichheit in diesem Jahr weiter gewachsen. Personen mit ohnehin niedrigen Einkommen sind in der Corona-Krise fast doppelt so häufig von Einbußen betroffen wie Menschen mit hohen Einkommen.

Die Corona-Krise verstärkt nach Einschätzung einer Gewerkschaftsstudie die Unterschiede bei den Einkommen in Deutschland weiter. Menschen mit niedrigen Einkommen seien in der Pandemie fast doppelt so häufig von Einbußen betroffen wie solche mit hohen Einkommen, berichtete das Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag in Düsseldorf. Damit würden Trends der ungleichen Einkommensentwicklungen aus den Vorjahren noch verstärkt.

Die Wissenschaftler stützen sich unter anderem auf eine Erwerbspersonenbefragung der Böckler-Stiftung mit mehr als 5.000 Teilnehmern. In Haushalten mit vergleichsweise niedrigen Monatseinkommen unter 900 Euro erlitt fast die Hälfte (49,3 Prozent) coronabedingte Einkommensverluste, während bei Gutverdienern mit mehr als 4.500 Euro Haushaltseinkommen nur ein gutes Viertel (26,1 Prozent) von Einbußen berichtete, die dann auch noch geringer ausfielen.

Menschen, die zuvor schon wenig hatten, seien besonders oft und besonders hart von wirtschaftlichen Verlusten betroffen.

"Deutschland ist bislang besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder. Trotzdem gilt auch bei uns: Menschen, die zuvor schon wenig hatten, sind besonders oft und besonders hart von wirtschaftlichen Verlusten betroffen. Denn sie arbeiten oft an den Rändern des Arbeitsmarktes. Dort werden sie nur unzureichend durch Schutzmechanismen in den Sozialversicherungen oder durch Tarifverträge erfasst, die viele Beschäftigte im mittleren Einkommensbereich bisher recht effektiv vor drastischen Einkommenseinbußen bewahrt haben", fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, wesentliche Ergebnisse der Studie zusammen.

So erhielten Tarifbeschäftigte bei Kurzarbeit deutlich häufiger Aufstockungen als in Unternehmen ohne Tarifbindung. Da die Vermögen noch weit ungleicher als die Einkommen verteilt und bislang auch von der Krise kaum in Mitleidenschaft gezogen worden seien, verlangten die Wissenschaftler Maßnahmen gegen die wachsende Ungleichheit. Unter anderem müssten Mindestlohn, Hartz-IV-Satz und Kurzarbeitergeld erhöht und für den Zeitraum der Krise die Bezugszeit des Arbeitslosengeldes I verlängert werden. Mittelfristig müsse zudem die Tarifbindung in Deutschland gestärkt werden.

"Erstens müssen soziale Sicherung und Kollektivverträge gestärkt werden. Die Krise zeigt, dass sie Aktivposten unserer sozialen Marktwirtschaft sind. Zweitens müssen Haushalte mit geringeren Einkommen besser als bisher gegen noch größere Einbußen geschützt werden", so Dr. Bettina Kohlrausch.

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(dpa/rt)