Lehrer in Deutschland sehen Mainstream-Medien zunehmend kritisch

Einer aktuellen Umfrage zufolge steht ein großer Teil der Lehrkräfte – vor allem in Ostdeutschland – den Mainstream-Medien ablehnend gegenüber. Die Stiftervereinigung der Presse empfiehlt, die Nachrichtenkompetenz von Lehrern durch Fortbildungen zu verbessern.

Im Rahmen der "Fake News"-Debatten der letzten Jahre zeigte sich, dass Medienkompetenz eine immer größere Rolle spielt. Doch gerade die jüngere Generation könnte in dieser Angelegenheit das Nachsehen haben, denn bisher spielt die Vermittlung von grundlegendem Wissen im Umgang mit neuen Medien im Unterricht keine zentrale Rolle. Ob die Schüler lernen, mit der zunehmenden Informationsflut im Internet umzugehen, liegt meist im Ermessen der Lehrkräfte.

Um festzustellen, wie es denn eigentlich um die Medienkompetenz der Vermittler, also der Lehrer, steht, hat die Stiftervereinigung der Presse – ein Zusammenschluss verschiedener Presseverlage wie zum Beispiel des Axel Springer Verlags, der DuMont Mediengruppe und der Funke Medien NRW – im unabhängigen Institut für Sozialforschung Allensbach eine Studie in Auftrag gegeben. Dazu befragte Allensbach in den Monaten Februar und März, somit noch vor den Pandemiemaßnahmen, stichprobenartig 500 Deutsch- und Sozialkundelehrer. Die Befragten sollten zum einen die Rolle der Medienkompetenz im Unterricht bewerten, aber auch ihr eigenes Wissen zum Thema einschätzen.

Die Umfrage förderte Erstaunliches zutage: Ein großer Teil der Lehrer steht den klassischen Mainstream-Medien ablehnend gegenüber und zeigte teilweise unerwartete Vorstellungen. Nur 60 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass die Medien die Aufgabe hätten, "die Mächtigen kritisch zu beobachten und zu kontrollieren". 10 Prozent gaben zu Protokoll, die Medien sollen "die Bevölkerung für bestimmte Anliegen mobilisieren". 19 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass "viele Nachrichten, die eigentlich wichtig sind, in den normalen Medien verschwiegen werden und man sie nur in sozialen Netzwerken, Foren oder Blogs findet".

Große Unterschiede gab es auch zwischen Ost und West: In Ostdeutschland, wo viele ältere Lehrkräfte noch eigene Erfahrungen mit einer staatlich gelenkten Presse gemacht hatten, hat etwa die Hälfte der Lehrer kein großes Vertrauen in die Medien, im Westen sind es 22 Prozent. Weiterhin stimmen im Osten 23 Prozent der Lehrer der Aussage zu, dass "Journalisten in den klassischen Medien ohnehin nur die Nachrichten und Meinungen verbreiten, die in ihr eigenes Weltbild passen". Im gesamtdeutschen Schnitt waren es 13 Prozent.

Wer denkt, dass die Stiftervereinigung der Presse aus der von ihr in Auftrag gegebenen Studie lernt und sich fragt, woher das prinzipielle Misstrauen von Lehrern gegenüber den Medien kommt, irrt sich. Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verlegerverbands BDZV, sieht in den Ergebnissen der Studie einen "besorgniserregenden Fund", denn die Bedeutung der Medienkompetenz sei heute so groß wie nie. Gegenüber der taz erklärte er, dass Nachrichtenkompetenz eine größere Rolle im Unterricht einnehmen müsse und Lehrer sich durch Fortbildungen in diesem Bereich weiterbilden sollen.

Wolff teilte auf Nachfrage der taz mit:

Gerade in Zeiten von Corona wird gut ausgebildetes Lehrpersonal benötigt, das flexibel auf Informationsbedürfnisse reagiert. Das Thema Nachrichtenkompetenz muss einen viel größeren Raum als bisher im Unterricht einnehmen. Dazu gehört auch eine regelmäßige Fortbildung der Lehrkräfte.