Keine Eingriffe, keine Einnahmen: Krankenhäusern drohen Millionenverluste durch Corona-Maßnahmen

Die Operationszahlen sind massiv eingebrochen. Krankenhäuser müssen Kapazitäten für Corona-Patienten freihalten. Von einer Rückkehr zum Regelbetrieb könne derzeit keine Rede sein, sagte der Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft.

von Julia Zube

Eigentlich sollte Christl Braun aus Berlin im März operiert werden. Ihre Lendenwirbel waren aufgrund von Osteoporose an mehreren Stellen gebrochen. Sie litt unter starken Schmerzen. Dann kam Corona. "Mein Orthopäde hat sofort mit seinem Kollegen an der Park-Klinik Weißensee wegen eines OP-Termins gesprochen", so die 81-Jährige. Doch diese OP konnte nicht stattfinden. Die Klinik musste Betten freihalten für Corona-Patienten.

Ich bekam dann ein Korsett und Massagen verschrieben", so Christl Braun.

"Die Schmerzen waren natürlich trotzdem noch da und belasten konnte ich meinen Rücken ohnehin nicht", sagt sie.

Freihaltepauschalen decken Kosten nicht ab

Damit ist die Rentnerin kein Einzelfall. Auch Monate nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie leiden die Krankenhäuser der Hauptstadt unter teilweise massiven Einnahmeausfällen. "Die Krise hört nicht auf und von einer Rückkehr zu einem Regelbetrieb kann zumindest derzeit keine Rede sein", sagte Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft dem Tagesspiegel.

Wie stark sich die Jahresbilanz der Häuser eintrüben werde, könne zum jetzigen Zeitpunkt seriös kaum eingeschätzt werden, sagte Schreiner und merkte an: "Das Problem an der Konzentration auf die zugegebenermaßen unbürokratisch und schnell ausgezahlten Freihaltepauschalen ist: Sämtliche anderen Leistungen, die ebenfalls massiv eingebrochen sind, werden nicht erstattet."

Das führt zu massiven Erlösausfällen, beispielsweise im ambulanten Bereich", so Schreiner.

Wie dramatisch sich der Einbruch von Behandlungen finanziell auswirken dürfte, zeigt eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (fraktionslos). Er wollte wissen, wie viele Operationen in der Charité sowie in den Kliniken der Vivantes-Gruppe zwischen 2014 und Juli 2020 monatlich durchgeführt wurden.

8.400 Operationen weniger als im Vorjahr

Die Antwort: Statt wie noch 2019 monatlich 7.700 (April) und 7.900 Eingriffe (Mai) fanden bei Vivantes 2020 lediglich 4.300 (April) und 4.800 Operationen (Mai) statt. Zwischen März und Juni fehlten dem landeseigenen Klinikkonzern mehr als 8.400 Operationen im Vergleich zum Vorjahr.

Auch der Charité drohen coronabedingte Verluste von bis zu 44 Millionen Euro. Addiert um die Zusatzkosten durch den Ausbruch der Pandemie, wächst das Defizit der Berliner Universitätsklinik laut Tagesspiegel auf 75 Millionen Euro.

"Neben den finanziellen Einbußen für die Krankenhäuser müssen wir auch die gesundheitlichen Folgen jeder verschobenen Operation – meist die zeitliche Verlängerung der Krankheitsdauer – bei der Abwägung der Folgen der Verordnungen berücksichtigen", forderte Luthe. Er hatte im April per Eilantrag gegen die Verordnung des Berliner Senats geklagt, war damit aber am Verfassungsgerichtshof gescheitert.

Christl Braun muss unterdessen weiter mit den Schmerzen leben. "Mitte September habe ich einen neuen Röntgentermin. Dann wollen die Ärzte neu entscheiden", erklärt die Rentnerin.

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