Böll-Stiftung: Grüne sollten Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht von UN-Mandat abhängig machen

Die Grünen sollen ihre Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr nicht mehr vom Vorliegen eines UN-Mandats abhängig machen. Das fordert ein Impulspapier der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung. Am Völkerrecht wolle man natürlich trotzdem festhalten.

Die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung hat ein "Impulspapier" veröffentlicht, in dem der Partei nahegelegt wird, Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht mehr von einem Mandat der Vereinten Nationen abhängig zu machen.

In der dem Dokument vorangestellten Zusammenfassung heißt es:

Die Grünen sollten darauf verzichten, im Grundsatzprogramm und im nächsten Wahlprogramm die Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr von einem Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen abhängig zu machen. Wer auf eine solche VN-Mandatspflicht verweist und ansonsten auf Reformen des Rates hofft, macht es sich im gegenwärtigen geopolitischen Kontext zu einfach. So notwendig eine Sicherheitsratsreform auch wäre, sie ist im nächsten Jahrzehnt nicht realistisch. Wer unter diesen Umständen die Debatten um Auslandseinsätze der Bundeswehr für beendet erklärt, sobald der Sicherheitsrat blockiert ist, geht der eigenen Verantwortung für Frieden und Sicherheit aus dem Weg.

Die Analyse der gegenwärtigen internationalen Lage umfasst vier Punkte, deren Inhalte eine – vorsichtig ausgedrückt – einseitige Sicht der Autoren auf die gegenwärtige Weltlage verraten. Erstens schwächten "China, Russland und bisweilen die USA multilaterale Institutionen"; in der Nachbarschaft der EU herrsche Krieg.

Zweitens würden Auslandseinsätze der Bundeswehr "auch weiterhin notwendig bleiben" – nämlich "zur Friedenssicherung, zum Schutz von Menschenleben in Krisengebieten, zur Bündnisverteidigung, zur Terrorismus- und Pirateriebekämpfung oder zur Ausbildung von Sicherheitskräften."

Drittens sei die Wahrscheinlichkeit stark gesunken, dass sich die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrat auf ein Mandat einigten. 

Und schließlich steige viertens "die Anzahl der systematischen Brüche des (humanitären) Völkerrechts und der Menschenrechte gerade durch Russland und China".

Die Frage, inwieweit und wie oft die USA und ihre Verbündeten ihrerseits für die beklagten Kriege und Probleme verantwortlich sind, wird nicht gestellt. Auch die Sinnhaftigkeit keines der bisherigen Bundeswehreinsätze wird hinterfragt. Schließlich werden zwar pauschal Russland und China angebliche systematische Völkerrechtsbrüche unterstellt, die offenkundig völkerrechtswidrigen Kriege und Interventionen der NATO-Staaten (darunter der von den Grünen entscheidend mitverantwortete Angriff auf Jugoslawien 1999) finden keinerlei Erwähnung.

Mehr zum Thema - Linke-Politiker Alexander Neu zu Operation "Irini": EU lässt sich in US-Kriegspolitik einbinden

Am Ende des Papiers wird betont, dass ein Verzicht auf eine UN-Mandatspflicht für Auslandseinsätze der Bundeswehr im Programm der Grünen "weder eine Abkehr vom Multilateralismus, noch einen Automatismus für mehr Einsätze oder das Vernachlässigen des Völkerrechts" bedeute.

Verantwortlich für das Papier ist das "Forum Neue Sicherheitspolitik" innerhalb der Heinrich-Böll-Stiftung. Mitglieder dieses Forums sind nach eigenen Angaben "außen- und sicherheitspolitische Experten", die noch keine 40 Jahre alt sind und den Grünen nahe stehen. Ziel des Forums sei die Förderung des "grünen und grün-nahen" sicherheitspolitischen Nachwuchses und die Stärkung und Vernetzung von "mid-career Expert/innen in Regierungsinstitutionen, Think Tanks, Forschungsinstituten und Parlament".

Mehr zum Thema - Voll grün, voll angesagt: Auch die Bundeswehr verteidigt jetzt die Umwelt