von Timo Kirez
Wenn es Gott gibt, dann fährt er sicher gerne Bus. Dieser Schluss liegt zumindest nahe, wenn man sich anschaut, mit welch abenteuerlicher Begründung die Deutsche Bahn eine kirchenkritische Werbekampagne untersagt hat. Die Giordano-Bruno-Stiftung, die sich eine Leitkultur des "Humanismus und der Aufklärung" auf die Fahnen geschrieben hat, plante, mehrere Großplakate für den April 2019 an Berliner Fern- und S-Bahnhöfen zu platzieren, unter anderem am oberen Bahnsteig des Berliner Hauptbahnhofs.
Doch scheinbar empfand die Deutsche Bahn die Kampagne nicht als ein Geschenk des Himmels. Unter Verweis auf "fehlende Neutralität" untersagte das Unternehmen kurzerhand die Kampagne. Die Motive der geplanten Werbekampagne thematisieren lediglich die bestehenden Privilegien der Kirche. So sieht man auf einem Motiv eine Frau, die mit ihrem Mobiltelefon offenbar eine Nachricht an die Kirche versendet. Die Nachricht liest sich wie folgt:
Hallo Kirche, wir sind jetzt seit 100 Jahren getrennt, aber du liegst mir immer noch auf der Tasche. Es reicht!
Darunter steht ein weiterer Text mit folgendem Inhalt:
1919 verfügte die Weimarer Verfassung die Trennung von Staat und Kirche. Doch noch immer erhalten Kirchen Milliarden vom Staat und schränken religiöse Dogmen unsere Freiheiten ein. Es ist Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.
Geplant war übrigens auch ein Motiv, dass sich an den Islam richtet:
Offenbar zu viel "Aufklärung und Humanismus" für die Deutsche Bahn. Dabei scheut sich das Unternehmen, das als hundertprozentiger Staatsbetrieb dem Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist, nicht, auf der anderen Seite beide Äuglein zuzudrücken. Jeder, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, wird zweifelsohne schon einmal einer religiösen Werbekampagne an einer Bushaltestelle oder in einem Bahnhof über den Weg gelaufen sein. Die Giordano-Bruno-Stiftung zeigt auf ihrer Seite gleich mehrere Beispiele:
Doch nicht nur lässt die Deutsche Bahn bei religiöser Werbung Milde walten – sie unterstützt die Kirch auch aktiv. Dreimal darf man raten, wer der Hauptsponsor des Evangelischen Kirchtages ist. In diesem Zusammenhang präsentierte das Unternehmen im Januar 2019 sogar eine eigene Lokomotive, auf der die Losung des Kirchentages "Was für ein Vertrauen" zu lesen steht. Die Lok soll als "als rollende Botschafterin des Kirchentages Intercity- und Eurocity-Züge auf unterschiedlichen Strecken quer durch Deutschland bewegen." Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, meint dazu:
Offensichtlich ist die Deutsche Bahn AG so weit von dem Prinzip der weltanschaulichen Neutralität entfernt, dass ihr schon die explizite Werbung für weltanschauliche Neutralität als Neutralitäts-Verstoß erscheint.
Erstaunlich, dass ein Konzern, der Millionen für Werbung ausgibt, um sich als "Unternehmen Zukunft" zu positionieren, auf Mittelalter umschaltet, wenn es um Religion geht. Oder anders gesagt: Pünktlichkeit und Weltoffenheit – zwei Dinge die nicht zum Serviceangebot der Deutschen Bahn gehören.