NDR-Rundfunkrat: Programmbeschwerden pauschal abgelehnt?

Was nützt ein Ventil, das niemals geöffnet wird? Der Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR) hat 15 Programmbeschwerden auf einen Schlag abgelehnt, weil in keinem der Fälle ein Verstoß gegen die für den NDR geltenden Rechtsvorschriften feststellbar sei.

Der Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR) hat 15 Programmbeschwerden auf einmal abgelehnt. Wie nun mitgeteilt wurde, sei auf der Sitzung vom 2. Februar beschlossen worden, dass "in keinem der oben genannten Fälle ein Verstoß gegen die für den NDR geltenden Rechtsvorschriften" feststellbar sei. Dieses (Massen-)Urteil sei selbstverständlich "nach intensiver Diskussion, der jeweils eine ausführliche Beratung im Programmausschuss bzw. im Rechts- und Eingabenausschuss vorausgegangen war, und sorgfältiger Prüfung der Sachverhalte" gefällt worden, so der Vorsitzende des Gremiums Günter Hörmann in einem Schreiben vom Wochenende.

Die von Volker Bräutigam, ehemaliger Nachrichtenredakteur der Tagesschau, und Friedhelm Klinkhammer, ehemals Gesamtpersonalratsvorsitzender des NDR, verfassten Beschwerden reichen zeitlich von November 2016 bis Juni 2017. Thematisch geht es vor allem um die Berichterstattung zu Syrien, Russland und den USA. So wird etwa ein Tagesschau-Bericht zum "Kampf um Aleppo" moniert, ARD-Aktuell wegen Stimmungsmache für den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny gerügt oder ein ARD-Bericht zur Klimapolitik der USA kritisiert. Die gesammelten Beschwerden von Klinkhammer und Bräutigam finden sich hier.

Programmbeschwerden gehören mittlerweile zu den eingespielten Ritualen der Mediendebatte – ebenso wie ihre fast schon pauschal-prinzipielle Ablehnung durch die Rundfunkanstalten. Doch die Verantwortlichen bei den öffentlich-rechtlichen Medien sollten sich vorsehen: Einerseits haben die Öffentlichen mit der (theoretisch möglichen) Kontrolle durch Rundfunkräte den Privatmedien einen wichtigen Aspekt voraus, der grundsätzlich eine gesunde Ventilfunktion darstellen könnte. Wenn diese theoretisch mögliche Kontrolle in der Praxis aber nicht angewandt wird, ein vorhandenes Ventil also nie geöffnet wird – dann braucht man sich über Druck im Kessel nicht zu wundern.

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