Nach Protest aus Kiew: Wiener Festwochen streichen Konzert mit Teodor Currentzis

Die "Wiener Festwochen" haben den griechisch-russischen Dirigenten Teodor Currentzis ausgeladen. Seine ukrainische Kollegin, die ebenfalls in Österreich auftreten soll, wollte nicht in einen Kontext mit Currentzis gestellt werden.

Geplant waren ursprünglich zwei Anti-Kriegs-Konzerte. Teodor Currentzis sollte am 12. Juni im Wiener Burgtheater das SWR-Symphonieorchester dirigieren, und die Ukrainerin Oksana Lyniw am 2. Juni das Kiewer Symphonieorchester im Konzerthaus leiten. Doch sie weigerte sich, bei den künstlerisch voneinander unabhängigen Aufführungen aufzutreten.

Lyniw argumentierte: "Ich habe nichts gegen Currentzis, ich kann aber nicht akzeptieren, dass mein Name und jener von Musikern, die aus einem Land kommen, das immer noch täglich bombardiert wird und so viele Tote zu beklagen hat, mit dem von jemandem in Verbindung gebracht wird, der sich nie offen gegen den Krieg ausgesprochen hat und dessen künstlerische Ensembles von Bankinstituten finanziert werden, die dem Kreml sehr nahe stehen."

Kurz darauf lenkten die Veranstalter ein. "In den Gesprächen der letzten Tage hat sich herauskristallisiert, dass eine Präsentation beider Konzerte im Rahmen der Wiener Festwochen aktuell nicht machbar ist", hieß es am Montag.

"So sehr wir die spannungsvolle Gegenüberstellung der beiden Werke im Rahmen des Programms der Wiener Festwochen 2024, das bewusst politische und gesellschaftliche Frontstellungen in vielen künstlerischen Positionen befragt, begrüßt hätten: Es war für die beteiligten ukrainischen Künstler letztlich nicht mehr realisierbar und wir respektieren Lyniws Wunsch, aktuell nicht in einen inhaltlichen Kontext mit Currentzis gestellt zu werden. Leider war dadurch unsere Entscheidung für die Absage des geplanten Konzerts unter dem Dirigat von Teodor Currentzis, den wir als Künstler sehr schätzen, alternativlos", erklärte der Schweizer und neue Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau.

Die SWR-Programmdirektorin für Kultur, Anke Mai, bedauerte die Absage, zeigte aber Verständnis für den Wunsch der ukrainischen Musiker, Currentzis solle sich öffentlich gegen den Krieg aussprechen. "Mit Rücksicht auf die Konsequenzen, die ein solches Bekenntnis für Currentzis in Russland mit sich brächte, haben wir dies aber nie von ihm verlangt", sagte Mai.

Kritik kam von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ): Der erste Akt der Festwochen sei ein "trauriges Schauspiel", hieß es am Dienstag. Es sei nicht in Ordnung, dass beteiligte Künstler bei den Entscheidungen ihr Veto einlegen dürfen, meinte der Kultursprecher der Wiener FPÖ, Stefan Berger. "In Zeiten wie diesen wäre es wohl ein angemesseneres Zeichen, wenn Künstler unterschiedlicher Nationen aufeinander zugehen, anstatt den anderen aus dem Programm zu boxen. Denn wir alle wollen Frieden in Europa und nicht noch die zusätzliche Austragung des ukrainisch-russischen Konflikts auf offenen Bühnen."

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