Hans-Georg Maaßen, in den Jahren von 2012 bis 2018 Präsident des "Bundesamtes für Verfassungsschutz", wird nun von seiner früheren Behörde selbst beobachtet. So habe der Verfassungsschutz den Anwälten von Maaßen mitgeteilt, man würde Material über den Vorsitzenden der "Werteunion" sammeln und einige weitere Daten rund um die Person Hans-Georg Maaßen zusammentragen, wie das Online-Portal Apollo News meldet. Maaßens Anwälte hatten im November 2023 eine entsprechende Anfrage an die Behörde gestellt.
Als Begründung für seine Maßnahmen gegen den früheren Behördenchef führt der Verfassungsschutz an, dass Maaßen über "etwaige Verbindungen" in die sogenannte "Reichsbürger-Szene" verfügen könnte. Das zwanzigseitige Dokument liege der Redaktion von Apollo News vor, schreiben die Portal-Autoren. In dem Schriftstück seien Verbindungen von Maaßen zu anderen politischen Akteuren, aber auch Medien aufgelistet. Daraus kann geschlossen werden, dass Maaßen seit mindestens zwei Monaten unter Beobachtung des Inlandsgeheimdienstes steht. Der Tagesschau zufolge soll Maaßen im Informationssystem des Geheimdienstes unter der Kategorie "Rechtsextremismus" gespeichert sein.
Vorwurf: "Antisemitische Chiffren"
Aus der Stellungnahme des Geheimdienstes geht offenbar hervor, dass die Behörde die öffentlichen Äußerungen und Online-Aktivitäten von Maaßen in den sozialen Medien verfolgt und gespeichert habe. Dazu gehören Maaßens persönliche Webseite, Postings auf X (Twitter) und per Telegram. Das Kölner Amt habe auch etliche Interviews und Reden von Maaßen dokumentiert.
Als Beispiel nennt Apollo News einen Aufsatz von Maaßen mit dem Titel "Aufstieg und Fall des Postnationalismus". Darin habe er vor "undemokratischen, totalitären supranationalen Systemen" und "einem neuen Totalitarismus" gewarnt, der das Ziel von sich angeblich verbündenden "sozialistischen und globalistischen Kräften" sei. Der Verfassungsschutz deklariert die von Maaßen verwendeten Begriffe als "antisemitische Chiffren".
Für eine solche Bewertung und Einordnung ziehe der "Verfassungsschutz" als "Expertenmeinung" ausgerechnet einen Beitrag des freien, alternativen Senders Radio Dreyeckland aus Freiburg im Breisgau heran, der unter dem Titel "Maaßen – Wie man Antisemitismus richtig verpackt" im Juni 2021 ausgestrahlt wurde und auf der Webseite des Radios noch nachzulesen ist.
Tatsächlich nimmt der "Verfassungsschutz" derartige Wertungen in seiner Ausarbeitung "nur sparsam" vor, überwiegend würden Berichte und Meldungen über Maaßen aus Spiegel, Welt oder sogar Apollo News "wertungsfrei aufgelistet", wie das Portal schreibt. Zusätzlich habe der Geheimdienst "diverse Postings und Tweets von als rechtsextremistisch bekannten Personen bzw. Gruppierungen gespeichert", die dann vom Verfassungsschutz als Belege angeführt würden. Dazu zählten Themen und Personen "aus der rechten Szene", die sich positiv auf Maaßen bezogen hätten, "beispielsweise von Martin Sellner oder Björn Höcke".
Maaßen stellt nun fest: "Verfassungsschutz" wird gegen politische Gegner eingesetzt
Gegenüber Apollo News habe Maaßen in einer Stellungnahme erklärt:
"Da sehen Sie, wie bürokratisch der Verfassungsschutz arbeitet. Minutiös wird geprüft, wer mich geliket und verlinkt hat. Die Belege rechtfertigen nicht eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Das ist klar. Was Frau Faeser macht ist, dass sie den Verfassungsschutz missbraucht, um politische Gegner zu beobachten und zu diskreditieren."
Aus dem vom Geheimdienst gesammelten Material gehe hervor, wie ausführlich das Amt die Reden und Publikationen von Maaßen "analysiert" hat. Im Schreiben der Behörde heiße es demnach, dass auch Medienberichte über Maaßen dokumentiert wurden, die "Aufschluss über bestimmte Formulierungen geben, die auch von Ihrem Mandanten verwendet wurden", wie der Inlandsgeheimdienst Maaßens Anwälten schrieb.
Amtlich vermerkt worden sei, dass Maaßen etwa das Wort "Goldstücke" in ironisierend-sarkastischer Weise als Synonym für illegale Migranten verwendet hätte. Der Geheimdienst beziehe sich in diesem Zusammenhang unter anderem auf ein Urteil des Landgerichts Bremen, das feststellt habe, die Verwendung des Begriffs "Goldstücke" könne als "Hetze" aufgefasst werden.
Gesucht: "Verbindung zur Reichsbürger-Szene"
Das Behördenschreiben soll nach Darstellung des Online-Portals mehrere Beispiele anführen, die eine mögliche Nähe Hans-Georg Maaßens zur "Reichsbürger-Szene" nahelegen würden. Um diese Verbindung zu untermauern, habe der Geheimdienst Kontakte aller Art zwischen Maaßen und Heinrich XIII. Prinz Reuß feststellen wollen.
Unter den vom "Verfassungsschutz" gespeicherten Daten soll sich ein Schreiben von Bernhard Schaub an Prinz Reuß befinden. Schaub gelte als Kopf eines europaweit aktiven Zusammenschlusses von Holocaustleugnern unter der Bezeichnung "Europäische Aktion". Dieser Schaub soll gegenüber Prinz Reuß schriftlich geäußert haben, dass Maaßen "ein strammer Republikaner zu sein scheint". Als weiteren Beleg für Maaßens Nähe zu "Reichsbürgern" betrachtet der Geheimdienst offenbar den Umstand, dass Maaßen, so Berichte vom August 2023, von einem Frankfurter Unternehmer, der wiederum als Zeuge gegen Prinz Reuß in Betracht komme, Maaßen nach einer Hausdurchsuchung angehört haben soll.
Schließlich habe eine "der Vereinigung um Prinz Reuß zuzurechnende Person" auf ihrem Facebook-Profil Videos von Maaßen weiterverbreitet. Darüber hinaus habe der Geheimdienst keine Belege vorgelegt, die konkret Verbindungen von Maaßen zu Prinz Reuß dokumentieren könnten.
Allerdings habe das Kölner Amt festgehalten, wie sich Maaßen nach der mit viel Aufwand durchgeführten Razzia gegen Prinz Reuß und sein Umfeld öffentlich geäußert hätte: So vermerkten die Geheimdienstler, dass Maaßen im österreichischen Sender Servus TV die Ansicht geäußert hatte, "dass die Exekutivmaßnahmen gegen mutmaßliche Mitglieder der Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß unverhältnismäßig gewesen seien". Außerdem habe Maaßen in einem Artikel in der Schweizer Weltwoche geschrieben, dass die Razzia "für einen PR-Coup" instrumentalisiert worden sei.
Möglicherweise dient die Bespitzelung von Maaßen – und damit der "Werteunion" als neuer politischer Formation – bloß dazu, die neue und lästige Konkurrenz im Parteienspektrum kleinzuhalten. Dann handelt es sich um eine typische Diskreditierungs- und Zersetzungsmaßnahme. Das öffentlich bekannt gemachte Vorgehen gegen Maaßen könnte der "Werteunion" jedoch auch zusätzliche politische Glaubwürdigkeit verschaffen, möglicherweise und nicht ganz unbeabsichtigt zulasten der AfD.
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