Die Stadt Los Angeles will die Verwendung des Begriffs "Obdachlose" unterbinden

Städtische Beamte in Los Angeles fordern, dass der Begriff "Obdachlose" mit der Umschreibung "Menschen, die im Freien leben" ersetzt wird. Dadurch sollen diese Menschen "inklusiver" in der Gesellschaft repräsentiert werden.

Los Angeles, der bevölkerungsreichste Bezirk der USA, hat den Code zur Lösung von Obdachlosigkeit zwar noch nicht geknackt. Aber lokale Regierungsbeamte haben zumindest einen Weg gefunden, mit der die Begriffswelt dieser sozialen Krise angepasst werden soll. Sie fordern, den Begriff "obdachlos" zu verbannen.

Die Behörde für die Hilfe für Wohnungslose von Los Angeles (LAHSA) argumentierte diese Woche in einem Twitter-Beitrag, dass Bezeichnungen wie "die Obdachlosen" und "obdachlos" generell, durch "inklusivere Begriffe" ersetzt werden müssten. Etwa durch den Begriff "Menschen, die im Freien leben" oder "Menschen, die unbehaust sind". Die Idee dahinter sei, "das negative Stigma der Obdachlosigkeit loszuwerden" und "die Person und nicht ihren Wohnstatus hervorzuheben", so die Vertreter der Behörde.

"Unsere unbehausten Nachbarn sind Menschen und die Sprache, die wir verwenden, sollte dies auch widerspiegeln", fügte die LAHSA hinzu.

"Lasst uns überholte und entmenschlichende Terminologien aufgeben und stattdessen eine menschenzentrierte Sprache annehmen."

Ein Teil der Idee besteht darin, eine Terminologie zu verwenden, mit der "die Individualität einer Person anerkannt wird", so die Behörde weiter. Wobei nicht klar ist, weshalb die Umschreibung "Mensch ohne Unterkunft" mehr Individualität in sich trägt als "Obdachloser".

"Bei allem Respekt, aber ich spreche oft mit den Menschen auf der Straße", antwortete der Filmemacher Glen Dunzweiler der Behörde auf Twitter.

"Euphemismen sind denen egal. Sie sind darum besorgt, dass man ihnen in die Augen sieht und dass ihnen Würde zuteilwird. Ich denke, dieser Wortsalat sorgt nur dafür, dass sich jene Menschen besser fühlen, die ein Dach über dem Kopf haben."

Wie auch immer man Menschen, die auf der Straße leben, bezeichnen will, in Los Angeles gibt es so viele von ihnen, dass man damit eine Kleinstadt bevölkern könnte. Die Zahl der Obdachlosen des Bezirks Los Angeles stieg Anfang 2020 auf 66.436 – das waren 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit diesem Jahr hat die LAHSA auch damit aufgehört, Zahlen zu erheben. Und das, obwohl die Behörde aufgefordert war, bis Ende Mai oder spätestes Ende Juni, die neuesten Zahlen zu veröffentlichen.

Inzwischen wurde die Aktualisierung der Daten auf September verschoben. Es wird erwartet, dass die aktuelle Anzahl der Obdachlosen bis dahin einen weiteren starken Anstieg erlebt haben wird, da steigende Mieten und sonstiger Druck durch die Inflation immer mehr Menschen auf die Straße treiben.

Berichten zufolge leben allein in Los Angeles etwa 20 Prozent aller Obdachlosen der USA, und jeden Tag sterben durchschnittlich fünf davon. Entlang der Straßen der Stadt und in öffentlichen Grünanlagen sind mittlerweile große Zeltgemeinschaften entstanden. Die Stadtverwaltung wurde bereits scharf dafür kritisiert, dass sie einige dieser Lager gewaltsam polizeilich räumen ließ, ohne den Bewohnern einen Ort anzubieten, wo sie sich erneut niederlassen konnten. Anfang dieses Monats verbot der Stadtrat von Los Angeles zudem jegliche Lager von Obdachlosen in einem Radius von 200 Metern rund um Schulen und Kindertagesstätten.

Die LAHSA verwaltet jährlich mehr als 800 Millionen US-Dollar an lokalen, staatlichen und bundesstaatlichen Mitteln für Obdachlosenprogramme. Heidi Marston, die Anfang dieses Jahres als Direktorin der Behörde zurücktrat, beklagte: Obwohl durchschnittlich 205 Obdachlose im Bezirk Los Angeles jeden Tag eine neue Unterkunft fänden, verlören gleichzeitig 225 Menschen ihre Wohnungen. Und weiter:

"Obdachlosigkeit ist eine Krise, die wir selbst verursacht haben. Wir könnten sie rückgängig machen, aber es braucht den Willen dazu."

Mehr zum Thema - Miete als Armutsrisiko – Mehr als jeder Zehnte in Deutschland von Wohnkosten gebeutelt