Regisseur Serebrennikow: "Russische Kunst ist keine Propaganda"

Kirill Serebrennikow, der einzige russische Regisseur, der zu den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit seinem Film "Tchaikovsky’s Wife" zugelassen wurde, spricht sich gegen den Boykott der russischen Kultur im Westen aus.

Einer der bekanntesten russischen Künstler und Dissidenten, der Regisseur Kirill Serebrennikow, hat am 18. Mai in Cannes seinen neuen Film über den Komponisten Pjotr Tschaikowski vorgestellt. Dabei sprach er sich gegen die Abschaffung der russischen Kultur im Westen aus.

Seit Ende März lebt Serebrennikow im Exil in Deutschland. Nachdem ein Moskauer Gericht seine dreijährige Bewährungsstrafe im Fall der Veruntreuung von Geldern des Kulturministeriums aufgehoben hatte, zog er sofort nach Berlin.

Am Rande des Filmfestivals gab der Regisseur dem Branchenblatt der Unterhaltungsindustrie Variety ein Interview und äußerte sich zum Krieg in der Ukraine sowie zu den Sanktionen gegen die russische Kunst, die seit Ende Februar den kulturellen Austausch zwischen Russland, den USA und europäischen Ländern fast vollständig zum Erliegen gebracht hatten. Er sagte der Fachzeitschrift:

"Die russische Kultur befasst sich mit der Zerbrechlichkeit des Lebens. Es geht dabei um Menschen, die unterdrückt werden. Die für Wahrheit oder Gerechtigkeit kämpfen. Das ist echte Kultur. Keine ideologische Kultur. Das ist keine Propaganda. Ich denke, es ist nicht gut, diese Kultur zu boykottieren."

Trotz der Abschaffung der russischen Kultur in den westlichen Ländern, der sich nicht selten auch Russen anschließen, habe Serebrennikow nicht die Absicht, diesem Trend zu folgen. "Ich werde weiterhin meine Kultur lieben. Ich werde Tschaikowski, Dostojewski, Tschechow, Bulgakow, Tarkowski und andere brillante Künstler lieben, die mich zu dem gemacht haben, was ich bin", erklärte der Regisseur. "Ich will sie nicht verraten."

Serebrennikows Film "Tchaikovsky's Wife" über die unglückliche Ehe des Komponisten mit Antonina Miljukowa, die er geheiratet hatte, um Gerüchten über seine angebliche Homosexualität entgegenzutreten, wurde in das Hauptprogramm des Wettbewerbs aufgenommen. Der Regisseur selbst sagt, dass es in seinem neuen Film um "künstlerische Freiheit" gehe.

Andere russische Regisseure durften aufgrund der Ereignisse in der Ukraine nicht am Hauptwettbewerb des Filmfestivals teilnehmen. Journalisten aus Russland, die gewöhnlich über das Festival berichtet hatten, wurde zudem die Akkreditierung verweigert.

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