2010, 1998, 1986, 1974, 1962, 1950, 1938, 1926... Die Jahre, für die der Tiger nach Vorstellung des chinesischen Kalenders die Schirmherrschaft übernommen hatte, waren in den letzten 100 Jahren relativ ruhig und von einiger Stabilität geprägt. Der Tiger läuft eben auf Samtpfoten und hat keine Neigung zu schrillen Tönen.
Allerdings stand auch das Jahr 1914 unter seinem Zeichen. Ausgerechnet das Jahr, in dem der blutige Erste Weltkrieg begann und die moderne Industriegesellschaft die Schattenseite des technischen Fortschritts erlebte. Das Jahr, in dem sie ihre Unschuld verlor.
Was also bringt uns die gestreifte Großkatze dieses Mal? Will sie schmusen oder ist sie auf der Pirsch und wartet nur auf den passenden Moment, sich mit ihren scharfen Zähnen im Hals der Beute zu verbeißen?
"Der Tiger ist ein sehr geduldiges Tier, das sich lange anpirscht, Energie für den Wurf aufbringt, versucht, keinen Lärm zu machen und sich sanft auf seinen Pfoten bewegt. Das ist ein intelligentes Verhalten. Das ist eine Taktik, von der man lernen kann",
sagt die Astropsychologin Inga Losantschitsch in einem Interview für den Moskauer Fernsehsender M24. Man müsse eine ruhige Umgebung für ihn schaffen, damit er sich wohl fühlt und schmusen kann: Pflanzen im Zimmer, Kräuter auf dem Tisch und ganz wichtig: Fleisch. Selbst wenn man selbst kein Fleisch isst, sollte man für den Tiger symbolisch etwas auf den Tisch stellen, als Zeichen des Respekts.
Wie jede Katze mag der Tiger keine hastigen Bewegungen: Alles, was man dieses Jahr macht, soll gut überlegt und für andere berechenbar sein. Nur keine Überraschungen, keine spontanen Einfälle und nichts, was ein Tiger oder die Mitmenschen als Angriff deuten könnten!
"Das neue Jahr kann gut werden, was man aber nicht an Äußerlichkeiten erkennen wird, sondern an den inneren Werten, an der Sinnhaftigkeit von allem, was geschieht",
resümiert die Expertin.
Die Zeitung Komsomolskaja Prawda erinnert daran, dass nicht irgendein Tiger die Patronage für das neue Jahr übernommen hat, sondern der blaue Wassertiger, ein chinesisches Fabelwesen.
Es ist ein eigensinniges und störrisches Tier, sehr unberechenbar. Bei ihm muss man stets auf der Hut sein. Es ist wissbegierig, lernt gerne neue Dinge und hat kaum Angst.
Wasser mildert diese Eigenschaften etwas ab. Es dämpft Aggressionen und beruhigt. In der Natur kann Wasser ein Segen sein, zum Beispiel bei einer Dürre. Oder es kann zu einer brausenden Welle werden. Deshalb ist es so wichtig, die Stimmung des Tigers zu erkennen und sich flexibel auf sie einzustellen.
Aber noch hat das Jahr des Tigers gar nicht angefangen: Nach dem chinesischen Kalender beginnt das Jahr immer bei Neumond zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar, und das wird dieses Jahr der 1. Februar sein. Einen Monat müssen wir also noch mit dem Stier vorlieb nehmen, dessen sturer und uneinsichtiger Charakter das Jahr 2021 doch mehr geprägt hat, als uns allen lieb ist.
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