In einem Interview mit der Rheinischen Post äußerte sich Gesundheitsminister Jens Spahn über seinen Frust wegen der vielen Ungeimpften und erklärte, wieso er eine allgemeine Impfpflicht fürchten würde.
Zu Beginn des Interviews wurde er zu der Bedeutung seiner jüngsten Aussage "geimpft, genesen, gestorben" befragt. Spahn betonte, er hätte bereits im zurückliegenden Wahlkampf bei mehr als 100 Auftritten regelmäßig gewarnt, dass diejenigen, die nicht geimpft seien, sich "sehr wahrscheinlich bis zum Ende dieses Winters ohne Schutz infizieren". Auf prognostizierte hohe Zahlen von Verstorbenen zum Ende des Winters 2021 wurde nicht näher eingegangen.
Was ihn wirklich frustriere, sei die Tatsache, dass mit der Impfung ein sicheres, hochwirksames Mittel gegen die Pandemie existiert, jedoch noch immer zu viele Erwachsene dieses nicht nutzen wollen:
"Es gibt immer noch diejenigen, die glauben, das Virus könne ihnen nichts anhaben. Diese Menschen würde ich am liebsten auf eine Intensivstation zerren und sie im Angesichts des Leids fragen: Was muss eigentlich noch passieren, damit ihr es kapiert?"
Auf die Frage, warum er im Spätsommer nicht zur Kanzlerin gegangen sei, um auf härtere Maßnahmen zu pochen, antwortete er: "Wir waren uns da völlig einig – und sind es bis heute."
Eine verpflichtende Impfung sehe er weiterhin sehr skeptisch, aber aus "staatsbürgerlicher Verantwortung sollte sich jeder impfen lassen". Sollten die kommenden Ampelfraktionen ihn auffordern, einen Gesetzentwurf für eine Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen zu erarbeiten, würde er dies als geschäftsführender Bundesgesundheitsminister dementsprechend auch umsetzen.
"Eine allgemeine Impfpflicht würde tief in das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern, in die Freiheit des Einzelnen, eingreifen. Und das würde aus großer Spannung nur noch mehr Spaltung machen. Wie wollen Sie das durchsetzen? Bei jeder Kontrolle ein Bußgeld, notfalls Zwangshaft?"
Zu viele Deutsche befänden sich laut Spahn "in ihrem Alltag und Kontaktverhalten noch zu stark im Normalmodus – und der passt nicht in diese gefährliche Zeit".
Bezugnehmend auf die anstehende Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Dezember gehe er davon aus, dass diese sogar vorgezogen werden müsste. Als Grund dafür benannte er die aktuell ernste Lage in Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen: "Das wird noch eine große Herausforderung werden", so der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister.
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