Ein Kommentar von Charlie Stone
Ich muss etwas zugeben. Es ist enorm wichtig und zutiefst persönlich, aber für jeden anderen von absolut null Relevanz. Aber der Punkt ist: Es geht nur um MICH. Ich! Ich! Ich! Also, hört zu! Um mich in der Welt wohler zu fühlen, ist es mir wichtig, dass alle das Wichtigste über meine gesamte Existenz wissen, und das ist … meine Sexualität.
Also, los geht's. Bereit?
Ich bin heterosexuell. Ein heterosexueller Mann. Es tut mir sehr leid, ich weiß, das ist schrecklich, und ich bin wahrscheinlich seelisch sehr beschädigt und verstecke etwas Tiefes und Dunkles in mir, und ich habe mich mein ganzes Leben lang selbst angelogen. Aber so ist es nun mal. Ich war noch nie, kein einziges Mal in meiner ganzen Existenz – nicht einmal betrunken oder als verwirrter Teenager, bei dem die Hormone wüten – in Versuchung geraten, mit jemand anderem, als mit einer genetisch als Frau definierten Person sexuellen Kontakt haben zu wollen.
Ich habe mir nie, kein einziges Mal, einen anderen Mann vorgestellt. Nö. Niemals. Männer sind für mich – sexuell betrachtet – abscheuliche Kreaturen (und dazu gehören Männer, die sich als Frauen verkleiden), und es erstaunt mich immer wieder, dass Frauen nicht einfach mit Steinen nach uns werfen. Viele meiner Kumpels sind Männer, und ehrlich gesagt möchte ich wirklich lieber keinen dieser Typen nackt sehen. Niemals.
Und doch habe ich männliche Freunde, die auf andere Männer stehen. Und ich habe Freundinnen, die auf Frauen stehen. Und ich kenne Leute, die in beiden Lagern Fuß fassen können. Und: Es ist mir ehrlich gesagt egal. Es interessiert mich einfach nicht so sehr. Aber gut für sie. Ran an die Buletten, Jungs und Mädels. Vergnügt euch! Wenn ich mich aber nicht an einem bestimmten sexuellen Ritual beteiligen will, was hat das dann mit mir zu tun?
Vielleicht haben Sie es verpasst, aber letzte Woche war "Ace Week" – früher "Bewusstseinswoche der Asexualität". Asexualität. Das ist zunächst einmal nur ein Wort, also lasst uns alle auf dieselbe Ebene kommen und nachsehen, was die Wörterbuchdefinition davon ist, wenn man Pflanzen nicht berücksichtigt: "Asexualität bedeutet, keine sexuellen Gefühle gegenüber anderen zu haben".
Nicht so für Yasmin Benoit, wie es scheint, ein "britisches Model und preisgekrönte asexuelle Aktivistin". Asexuell bedeutet für Yasmin ein Grund, sexy Unterwäsche unter dem schummrigen Slogan "So sieht asexuell aus" zu verkaufen. Äh … wirklich? Ist der Zweck von sexy Unterwäsche nicht, Sie und Ihren Bettpartner sexuell zu reizen?
"Ich habe mich mit @PlayfulPromises für die allererste Dessous-Kampagne mit asexuellem Thema zusammengetan! Ich bin so stolz darauf, als offen asexuelles Model Geschichte zu schreiben. Ich bin stolz, asexuell zu sein. Ich bin stolz, euch alle zu vertreten. Lass es alle wissen: #SoSiehtAsexualitaetAus", schrieb Yasmin.
Die Kampagne löste natürlich so etwas wie einen Twitter-Sturm aus. Einige Witzbolde twitterten tatsächlich ein Foto einer Kartoffel unter dem Hashtag "SoSiehtAsexualitaetAus" – was wissenschaftlich betrachtet natürlich korrekt ist. Und wie ein anderer Twitter-Nutzer betonte, macht das Verlangen und Genießen von Sex heutzutage anscheinend nicht weniger asexuell. Äh …? Ja, klar. Ich bin Vegetarier, aber ich liebe ein schönes saftiges Steak.
Ja, ja, Yasmin und die "asexuelle Gemeinschaft". Ich verstehe den breiteren Gedanken: Asexualität kann alles sein. Na und? Nichts davon hat etwas mit Sexualität oder Geschlecht zu tun, wenn Sie mich fragen. Es hat aber alles mit Verkauf und Marketing zu tun. In dieser von Geschlecht und Sexualität besessenen Kultur, in der wir zur Zeit leben, kann man ein Vermögen verdienen. Und per Definition kann man diese asexuelle Scheiße an jeden verkaufen. Es ist der feuchte Traum eines jeden Marketingspezialisten: "Sie behaupten, wir können sexy Dessous an Leute raushauen, die keine sexuelle Anziehungskraft verspüren? Fantastisch!"
Kleiden Sie sich, wie es ihnen passt! Es ist mir egal. Aber hier ist der Punkt: Wenn die wichtigste Tatsache über Sie Ihre Geschlechtsidentität oder sexuelle Präferenz ist, dann würde ich vorschlagen, dass Sie mehr rausgehen und mehr Interessen entwickeln müssen. Sucht euch ein ein Hobby, Jungs und Mädels!
Das gilt natürlich auch für die Fraktion der Genderfetischisten – diejenigen unter euch, die sich nicht in eine binäre Welt eingebunden fühlen. Aber zwingen Sie mir bloß nicht Ihre nicht-binäre Besessenheit auf! Es tut mir wirklich leid, aber ich bin viel zu beschäftigt mit meinem eigenen Leben, um überhaupt eine Rolle bei EURER Identitätssuche und völligen Selbstbesessenheit zu spielen. Wer schon mal Freunde hatte, die eine andere sexuelle Ausrichtung hatten als die eigene, wechselt schnell zu interessanteren Gesprächsthemen – es sei denn, sie meckern die ganze Zeit über sexuelle Ausrichtungen. Und wenn sie es tun, macht es nicht viel Spaß, mit ihnen zusammen zu sein. Heutzutage gibt es unendlich viele Geschlechter und Arten.
Was als Bewegung zum Schutz der Rechte von Schwulen und Lesben begann, hat sich zu einem schwerfälligen, schwabbeligen Gebräu einer Buchstabensuppe entwickelt. Heute haben wir die Ebene von LGBPTGQIAAA+ erreicht. Das steht für lesbisch, schwul, bisexuell, pansexuell, Transgender, Genderqueer, Queer, Intersexuell, Agender, Asexuell und Verbündete. Im Zweifelsfall, so scheint es, einfach ein paar Buchstaben ans Ende klopfen und sich dem Regenbogen anschließen. Wie lange dauert es, bis wir bei LGBPTGQIAAAABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ angekommen sind sind? Ach ja, und natürlich das "+" nicht vergessen.
Dann gibt es noch all diese Geschlechter-Typen. Viele davon überschneiden sich, aber hier sind noch einige, die der Mischung hinzugefügt werden können: zwei-geistig, cisgender (passend zu dem, was man in der Unterwäsche mit sich trägt), nicht-binär, geschlechtsneutral, Agender, Pangender, drittes Geschlecht – bla, bla, bla …
Ich will mir wirklich nicht die Mühe machen, hier alles auf den Tisch zu legen, weil es langweilig würde. Außerdem kann man alles oder nichts von Obengenanntem sein. Es bedeutet im Grunde alles und jeder. Also bedeutet das alles genau nichts. Es ist nur warme Luft. Regenbogenfarbene warme Luft.
Sollte mich von nun an jemand für ein nettes Gespräch über Gender oder Sexualität beiseite ziehen – was es im wirklichen Leben noch nie gegeben hat, das passiert nur in Filmen –, werde ich ihm sagen, dass ich mich als SUP identifiziere.
Ja, ich weiß, das ist neu. Aber fast jede Woche kommt Neues dazu. SUP bedeutet "Halt die Klappe wegen deiner verdammten Sexualität und/oder Geschlechtsidentität". Die Tatsache, dass man die ganze Zeit darüber schwatzen muss, ist ein Symptom der eigenen Selbstbesessenheit. Da muss man schon etwas anderes tun, um sich interessanter zu machen.
Geh Darts spielen, klettern, Mandala stricken, Banjo spielen, Mopeds aufmotzen, Schmetterlinge züchten oder was auch immer. Aber: SUP! Halt die Klappe wegen deiner verdammten Sexualität! Wir könnten sogar eine SUP-Woche veranstalten, in der es verboten ist, über Geschlecht und Sexualität zu sprechen – außer mit dem/der eigenen Partner(n). Während der SUP-Woche trägt jeder eine Gesichtsmaske in Regenbogenfarben mit einem Reißverschluss quer drüber.
Ich habe keine Ahnung, was diese Buchstabensuppe, wenn überhaupt, bedeuten soll, wenn es um echte sexuelle Standpunkte geht. Aber ich vermute, dass sie sehr wenig Bedeutung hat. Das liegt wohl daran, dass man nicht dope oder hip oder Gucci oder rad oder großartig oder cool ist oder was auch immer der neueste Begriff für "sehr gut" sein mag. Man ist einfach langweilig. Und niemand will mit etwas Langweiligem ins Bett gehen, sei es auch nur zum Schlafen.
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Übersetzt aus dem Englischen.
Charlie Stone ist Autor und Journalist, der für die BBC und für mehrere britische und internationale Medien gearbeitet hat.
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