Der britische Schriftsteller und Comicautor Alan Moore hat viele Entwicklungen in der modernen Gesellschaft prophezeit. Sein Werk "V wie Vendetta" war eine Inspiration unter anderem für die Anonymous-Bewegung. Nun war der Künstler zu Gast im RT-Programm SophieCo Visionaries. In einem außergewöhnlichen Gespräch mit Sophie Schewardnadse sprach Moore über den Menschenverstand, die Kunst und die Ewigkeit.
Letztere steht im Mittelpunkt seines im Jahr 2016 veröffentlichten Romans "Jerusalem", an dem Moore zehn Jahre gearbeitet hat und den er sein wichtigstes Erbe nennt. Mit diesem Werk wollte der Schriftsteller nach eigenen Worten betonen, dass die Welt, in der wir leben, ewig ist:
"Sie ist ewig und alles darin ist ewig wichtig. Unser Leben ist wichtig, ein kaputtes Rücklicht oder ein Hundehaufen in der Gosse sind wichtig, weil sie ein Teil dieser Ewigkeit sind, die wir alle teilen und in der wir alle unseren Moment haben. Ich wollte die Angst vor dem Tod bekämpfen, weil ich glaube, dass sie uns daran hindert zu leben."
Moore zufolge stellen sich die Menschen die sogenannte große Apokalypse mit einer Atompilzwolke oder einer globalen Umweltkatastrophe vor, um von der eigenen Sterblichkeit abzulenken. Diese Szenarien bedeuten aber nach Ansicht des Schriftstellers kein Ende des Geistes:
"Der Tod ist eine perspektivische Illusion der dritten Dimension."
In Bezug auf eine Gesellschaft, die Masken trägt, brachte der Künstler den Gedanken zum Ausdruck, dass die Praxis, sich hinter einer Maske zu verbergen, noch auf den Ku-Klux-Klan zurückgehe. Eine Maske anzuziehen solle verhindern, dass die Handlungen des Menschen auf ihn zurückfallen. Die Anonymität im Netz stelle dabei eine Bedrohung für die Gesellschaft dar:
"Die Anonymität im Internet lässt Trolle und noch Schlechteres in unser Leben eindringen."
Demnach habe das Internet es den verderblichen Mitgliedern der Gesellschaft ermöglicht, ihren Einfluss über die komplette Struktur hinweg auszubauen, sagte Moore.
Auf die Frage, was für den Autor, in dessen Werken Mystizismus einen bedeutenden Platz einnimmt, Magie tatsächlich bedeutet, erklärte er, Magie sei vor allem der menschliche Verstand und das Unbewusste. Dabei seien sich Magie und Kunst insofern ähnlich, dass beides bedeute, dass man etwas nehme, was nicht existiere, und dies zum Ausdruck bringe. Das Erschaffen definiert der Autor dementsprechend so:
"Man bringt etwas in die Realität, was es sonst nicht gegeben hätte."
In Tierfelle gekleidete urzeitliche Schamanen, die um Feuer tanzend ihr Unbewusstes als Magie der Götter wahrgenommen hätten, seien daher der Ursprung für alles in der modernen Welt einschließlich aller Künste und Wissenschaften. "Mit der Ausnahme von Sport", scherzte Moore jedoch. Der Sport gehe wahrscheinlich auf Jäger zurück, die sich beweisen wollten.
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