Der 67-jährige Benediktiner Anselm Bilgri ist einst Prior im bayerischen Kloster Andechs gewesen. Oft stand der Mönch vor dem Altar und predigte. Jetzt will er seinen langjährigen Freund heiraten. Am 12. März soll es so weit sein. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will kraft seines Amtes die beiden trauen. Der Prior hatte bisher über seine Sexualität geschwiegen. Zu undifferenziert war in der Vergangenheit die katholische Kirche mit Homosexualität umgegangen. Bilgri sagte: "Ich möchte jetzt reinen Tisch machen – und möchte aber katholischer Priester bleiben." Seine Homosexualität hatte er bislang nicht öffentlich gemacht.
Bilgris Freund ist 27 Jahre jünger und Manager bei der Deutschen Bahn. Er ist 40 und liebte früher auch Frauen. Der Ex-Mönch sagte der Zeitschrift Bunte: "Ich wusste schon im Kloster, dass ich auf Männer stehe. Ich hab' einfach gedacht: Wir sind alle sterblich, und ich will ja nicht immer mein Leben lang heimlich leben, sondern es offiziell machen."
Für die Eheschließung wendete Bilgri im Dezember einen Trick an: Er trat von der römisch-katholischen Kirche zu den Alt-Katholiken über. Dort sei all das verwirklicht, was auch seiner Vision von Katholizismus in der modernen Welt entspreche. Bilgri: "Ich glaube nicht mehr an den aufrichtigen Reformwillen in der römisch-katholischen Kirche."
Der ehemalige Benediktinermönch trat 1975 in München in die Abtei ein und kehrte 2004 dem Klosterleben den Rücken. Heute schreibt er Bücher und verdient sein Geld als Coach für Manager. Ihm gefällt, dass die alt-katholische Kirche eine synodale Struktur besitzt und keinen Pflichtzölibat für ihre Priester vorschreibt. Sie lässt Frauen zu allen Weihe-Ämtern zu und traut gleichgeschlechtliche Paare. Der Papst wird als Patriarch des Abendlandes respektiert, gilt aber nicht als unfehlbar. Bilgri wolle in einer Kirche leben, in der Schwule getraut oder gesegnet werden können.
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