Weißrussland: Friedliche Proteste in Minsk, ein Toter in Brest und Lukaschenko in Kampfmontur

Bei den Protesten in Minsk am Sonntag hat es keine Festnahmen gegeben. Demonstranten drangen bis zum Palast der Unabhängigkeit vor, zogen sich dann jedoch zurück. Unterdessen zeigte sich Lukaschenko an den Absperrungen – in voller Montur mit Sturmgewehr.

Bei den Protesten in Minsk am Sonntag gegen die offiziellen Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen hat es keine Festnahmen gegeben. Allgemein habe es keine "keine Ausnahmesituationen" gegeben. Dies gab Olga Tschemodanowa, Sprecherin des weißrussischen Innenministeriums, gegenüber der Nachrichtenagentur TASS spät am Sonntagabend bekannt.

Die Demonstranten drangen bis zum Palast der Unabhängigkeit vor, zogen sich dann jedoch nach Angaben von Natalia Ejsmont, Pressesprecherin des weißrussischen Präsidenten, fluchtartig zurück. Ejsmont dementierte zudem Gerüchte vom Wochenende, wonach Lukaschenko aus der Hauptstadt geflohen sei. Der Präsident habe den ganzen Tag im Krisenzentrum gearbeitet, das im Palast der Unabhängigkeit eingerichtet wurde. Er habe die Lage stets unter Kontrolle behalten. Das Internetportal des TV-Senders ONT  zitiert:

Auch in dem Moment, als die sogenannten Demonstrierenden gegen Abend zu einer Art, sagen wir, Erstürmung des Gebäudes ansetzten, auch in diesen Minuten befand sich der Staatschef im Palast der Unabhängigkeit. Allerdings können wir wohl sagen, dass der Mut der Demonstrierenden nicht lange vorhielt: Als sie sahen, was passieren kann, machten diese Menschen zügig kehrt und flohen buchstäblich in die entgegengesetzte Richtung.

Ein Toter bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Brest

Am Mittwoch vergangener Woche bestätigte das weißrussische Gesundheitsministerium den Tod eines Demonstranten in Brest. Gennadi Schutow wurde im Laufe von Auseinandersetzungen gewalttätiger Demonstranten mit der weißrussischen Polizei am 11. August durch eine Schusswaffe am Kopf verletzt. Schutow wurde zunächst mit einem Rettungswagen zum Bezirkskrankenhaus von Brest gebracht und dann aufgrund der Schwere seiner Verletzung per Rettungshubschrauber ins Militärklinikum der Stadt Minsk überführt. Trotz der erfolgten medizinischen Maßnahmen erlag der 43-Jährige seinen Verletzungen, schrieb das weißrussische Nachrichtenportal tut.by.

Dem weißrussischen Ermittlungskomitee zufolge gehörte Schutow zu einer mit Eisenstangen bewaffneten Gruppe, die aktiv an den Auseinandersetzungen teilnahm. Der Mann habe zudem die Absicht gehabt, die Dienstwaffe eines Polizisten zu entwenden, hieß es. Von Warnschüssen in die Luft soll sich die Gruppe unbeeindruckt gezeigt haben. Dies habe die Polizisten veranlasst, auf die Beine und Schultern der Angreifer zu zielen. Hierbei soll ein Mann verwundet worden sein.

Gleichzeitig liegen Zeugenaussagen vor, wonach Schutow lediglich als unbeteiligter Passant am Gemenge vorbeigegangen sei. Der tödliche Schuss soll dabei vom Dach eines nahe gelegenen Gebäudes erfolgt sein. Aus dem Polizeibericht geht nicht hervor, ob einer der im Handgemenge gefallenen Schüsse Schutow galt oder der Mann versehentlich am Kopf getroffen wurde. Schutow ist das dritte Todesopfer der Unruhen in Weißrussland.

Unterdessen sind Aufnahmen vom Rundgang Lukaschenkos an den Absperrungen am Palast der Unabhängigkeit aufgetaucht. Der weißrussische Präsident zeigte sich in voller Kampfmontur und mit einem Sturmgewehr bewaffnet. Den Rundgang machte er nach einer Hubschrauberpatrouille über der Stadt, auf die er seinen 15-jährigen Sohn Nikolai mitgenommen hatte. Die beiden stiegen mit kurzläufigen Sturmgewehren bewaffnet aus dem Hubschrauber aus. Geladen waren die Waffen zu diesem Zeitpunkt nicht, erst beim Rundgang setzte Alexander Lukaschenko das Magazin ein.

Mehr zum Thema – NATO, Nationalismus, Russophobie – Reformpapier der weißrussischen Opposition veröffentlicht