Als gewählter US-Präsident brauchte Donald Trump auch überzeugende Argumente, weshalb er denn das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen möchte und so die USA vertragsbrüchig werden lässt. Verstöße des Iran gegen das Abkommen konnte er nicht ins Feld führen, da die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) den Iranern eine einwandfreie Zusammenarbeit und Einhaltung des Abkommens attestierte.
Schließlich behauptete die US-Regierung einfach, dass durch die Suspendierung der Sanktionen Einnahmen erzielt worden seien, mit denen Teheran größere Verteidigungsausgaben tätigt, anstatt es der Bevölkerung zugute kommen zu lassen. Reporter der Washington Post wollten vom Weißen Haus wissen, aus welchen Quellen diese Behauptung stammt und erhielten als Antwort prompt einen Forbes-Artikel, der von einem Autor namens Heshmat Alavi verfasst wurde, inzwischen aber offenbar gelöscht ist.
Alavi verfasste in den vergangenen Jahren zahlreiche Artikel für englischsprachige Medien wie Forbes, The Hill, Al-Arabiya, The Daily Caller, wo er sich als ein "iranischer Aktivist mit Passion für Gleichberechtigung" ausgab.
Das Problem dabei: Der Autor Heshmat Alavi existiert offensichtlich gar nicht als Person. Wie The Interceptherausgefunden hat, steckt hinter dieser fiktiven Figur höchstwahrscheinlich die iranische Oppositionspartei Modschahedin-e Chalgh-e Iran (MEK), oder Volksmudschahedin. Auch der Twitter-Account von Alavi wurde mittlerweile gesperrt.
Als Quelle für diese Vermutung gilt Hassan Heyrani, der sagt, selbst bereits Kenntnis von dieser MEK-Operation "Heshmat Alavi" gehabt zu haben, bevor er die Organisation verlassen hat und nachdem sie unter US-Schutz aus dem Irak nach Albanien umgesiedelt wurde.
Heshmat Alavi ist eine Personalie, die von einem Team von Leuten vom politischen Arm des MEK betrieben wird", sagte Heyrani.
Auf einem Blog meldete sich Alavi – oder das Team hinter dieser vermutlich fiktiven Person – zu Wort und verurteilte die Twitter-Sperrung. Diese Sperrung sei ein "Zeichen" dafür, wie "organisiert und koordiniert … das Regime im Iran" vorgeht.
Der politische Arm der Organisation mit Sitz in Paris nennt sich der nationale Widerstandsrat Iran und betreibt seit Jahren eine ausgeklügelte und massive Propaganda gegen die derzeitige iranische Regierung. Sie haben es durch eine teure Lobbyarbeit sogar geschafft, dass Washington die MEK von der Terrorliste streicht, auf der sie noch bis 2012 geführt wurden.
Noch im Jahr 2007 warnte das US-Außenministerium davor, dass die MEK "die Kapazität und Willen" besäße, Ziele in "Europa, Mittleren Osten, Vereinigten Staaten, Kanada und noch mehr" anzugreifen. Eine Untersuchung des US-Kongresses aus dem Jahr 1994 kam zum Schluss, dass die Organisation Volksmudschahedin "von den meisten Iranern gemieden wird und fundamental undemokratisch ist". Die MEK stellen "keine lebensfähige Alternative zur gegenwärtigen Regierung im Iran" dar. Auch die angeblichen Versuche des Nationalen Widerstandsrates Iran (NCRI), sich vom militärischen Flügel der Terrororganisation zu distanzieren, wurde durch das FBI verneint. Für eine Gerichtsverhandlung im Jahr 2004 kam die FBI-Untersuchung zum Schluss, dass das NCRI "keine separate Organisation ist, sondern ein integraler Bestandteil zu jeder relevanten Zeit der MEK war und ist."
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Trotzdem bemühten sich einige Kriegsfalken in den USA bereits kurz nach der Invasion im Irak im Jahre 2003, die MEK von der Terrorliste zu nehmen. Sie sahen in ihr ein geeignetes Werkzeug, um den bereits in den Köpfen geplanten Krieg gegen den Iran zu benutzen, wie Elizabeth Rubin in ihrem Artikel "Der Kult von Rajavi" in der New York Times 2003 schrieb.
Der Kult um die Führerin Maryam Rajavi, die die Position nach dem Tod ihres Mannes Massud übernommen hatte, ist immer wieder Gegenstand von kontroversen Diskussionen. Sie selbst beharrt darauf, dass sie demokratisch an die Spitze der Organisation gewählt wurde, während Aussteiger von einer Frau berichten, die absoluten Gehorsam und Unterordnung in ihrer Gefolgschaft einfordert und von der auch Kinder bereits von frühestem Alter an entsprechend indoktriniert werden. Emotionale Freundschaften sind laut Rubin verboten, die einen Ex-Mudschahedin interviewt hatte. Die Führerin "nannte es 'Austrocknung der Basis'".
Auch Rubin hält in ihrem Artikel fest, dass die vorgebliche Unterstützung für die Kultorganisation im Iran nur eine Randerscheinung ist:
In der Zwischenzeit riskieren die Straßenprotestler im Iran ihr Leben und verschwinden in den Gefängnissen des Regimes, (doch) sie betrachten die Mudschahedin als eine Plage; so toxisch, wenn nicht sogar mehr als die herrschenden Klerikalen. Denn die Rajavis haben ihre iranischen Landsleute an Saddam Hussein ausverkauft, (haben) Informationen über ihr Heimatland für einen Platz eingetauscht, wo sie ihre marxistisch-islamistische Rajavi-Sekte unterbringen konnten.
Selbst der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour, ein bekennender Gegner der iranischen Regierung, bestätigt diese Einschätzung:
Wer die Volksmujahedin (sic!) unterstützt, verspielt viel Akzeptanz bei der demokratischen Opposition in Iran, da sich dort noch viele an ihre Anschläge und ihre Unterstützung für Saddam Hussein erinnern.
All das scheint die Unterstützer der MEK aber nicht zu stören, auch in Deutschland nicht. Mit dem Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI) verfügen die Volksmudschahedin über eine kleine, aber feine Organisation, die ihre Interessen vertritt. Mit Rita Süssmüth, der ehemaligen Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit und jahrelang Präsidentin des Deutschen Bundestages, sowie Martin Patzelt, CDU-Bundestagsabgeordneter, verfügt das DSFI über einen namhaften Beirat.
Man glaubt ganz offensichtlich daran, dass die MEK eine "demokratische Alternative zur Diktatur im Iran" darstellt, wie es etwa Patzelt in einem Beitrag darstellt. Er betont ausdrücklich den Besuch in der "neuen Siedlung bei Tirana", welches die DSFI als "Ergebnis eines erfolgreichen Widerstandes" wertet. Auch in der Beschreibung des Werdeganges der MEK finden sich mit keiner Silbe die Terroranschläge der Volksmudschahedin, die Kämpfe an der Seite Saddam Husseins oder der Rajavi-Kult, sondern man spricht von einem "langen Kampf um ihre Freiheit".
Wer für die Kosten des riesigen Areals in der albanischen Küstenstadt Durrës aufkommt, wo sich die MEK mit Hilfe der USA, Frankreichs und natürlich der albanischen Regierung niedergelassen hat, ist nicht klar. Das DSFI scheint den Beteuerungen Glauben zu schenken, dass die "iranischen Flüchtlinge", wie der deutsche Ableger des nationalen Widerstandsrates Iran die Menschen nennt, selbst für die Kosten aufkommen. Angesichts der Größe des Areals und der enormen Kosten für Propaganda und Lobbyarbeit – ganz zu schweigen von dem jährlichen Megaevent in Paris – scheint diese Behauptung mehr als nur fragwürdig zu sein. Auch scheint man die offiziellen Erklärungen von albanischen Politikern für bare Münze zu nehmen, wie gut sich alles entwickelt hat und dass von den Volksmudschahedin keine Gefahr ausgehe. Ein geheimer Bericht der albanischen Polizei macht aber deutlich, um was für Gäste es sich dabei handelt. Sie sind "tief indoktriniert, waren Teil von militärischen Strukturen und haben an Kriegshandlungen und bei Terrorakten teilgenommen."
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