Schwedische Staatsanwaltschaft entscheidet: Kein Haftbefehl gegen Assange in Abwesenheit

Der Anwalt des Gründers von WikiLeaks hat argumentiert, dass ein Haftbefehl gegen Julian Assange sinnlos sei, da er sich derzeit in einem britischen Gefängnis befindet. Das schwedische Gericht entschied entsprechend, um nicht mit US-Interessen zu konkurrieren.

Das politische Asyl des WikiLeaks-Gründers Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft wurde durch dessen Verhaftung nach sieben Jahren am 11. April beendet. Derzeit sitzt er wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen in einem britischen Gefängnis. Ihm droht weiterhin die Auslieferung in die Vereinigten Staaten.

In Schweden wird ihm vorgeworfen, im Jahr 2010 eine Frau vergewaltigt zu haben. Andere Vorwürfe gegen Assange sind inzwischen verjährt. Die "Verhaftung in Abwesenheit" ist Teil des in Schweden üblichen Justiz-Vorgehens, falls sich der Verdächtige außerhalb der Reichweite der Staatsgewalt befindet und Fluchtgefahr besteht. Der Anwalt von Julian Assange, Per E. Samuelson, hat argumentiert, dass ein Haftbefehl "sinnlos" sei. Fluchtgefahr bestünde schließlich keine. 

Die stellvertretende Staatsanwältin Eva-Marie Persson gab in einer Pressekonferenz am Montag bekannt, das Gericht von Uppsala habe sich gegen einen Haftbefehl von Assange entschieden. Die Ermittlungen könnten auch ohne einen solchen weiterlaufen. Sie "respektiere" die Entscheidung des Gerichts vollkommen, so Persson:

Die Ermittlungen gehen mit Anhörungen in Schweden weiter. Ich werde auch ein europäisches Ermittlungsverfahren anordnen, um Julian Assange zu interviewen. Ein Datum wurde bisher nicht festgelegt. Wir werden den Status der Ermittlungen stetig überprüfen.   

Der Gesundheitszustand von Julian Assange hat sich inzwischen so sehr verschlechtert, dass eine Auslieferungsanhörung vor Gericht vertagt worden ist. WikiLeaks hierzu: 

Die Entscheidung des Gefängnisbehörden, ihn auf die Krankenstation zu bringen, spricht für sich selbst. Assanges Gesundheitssituation war am Freitag so schlecht, dass es nicht möglich war, ein normales Gespräch mit ihm zu führen. 

Ein schwedischer Haftbefehl hätte zu einer Konkurrenz mit dem US-amerikanischen Auslieferungsgesuch geführt. 18 Anklagepunkte gibt es gegen Assange in den Vereinigten Staaten. Die meisten beziehen sich auf die Erlangung und Veröffentlichung geheimdienstlicher Informationen über die Enthüllungsplattform WikiLeaks. 

Journalist John Pilger: Fall Assange ist ein Warnsignal für andere investigative Journalisten