Polizeikrise in Schweden: Schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen führen zu Frust

In der schwedischen Zeitung Aftonbladet beklagt ein Polizeiinspektor die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen bei der schwedischen Polizei, besonders im Großraum Göteborg. Die Polizeikrise wird auf politischer Ebene und innerhalb der Polizei diskutiert.

Marcus Leijon, Polizeiinsepktor in Göteborg, beschreibt der schwedischen Zeitung Aftonbladet seine Erfahrungen und Ansichten zu den Missständen bei der schwedischen Polizei.

Dabei ginge es nicht nur um "willkürliche und schlechte Löhne", sondern auch um "schlechte Arbeitsbedingungen" und "sehr begrenzte Möglichkeiten zu Entwicklung und Bildung".

Leijon spricht aus eigener Erfahrung:

2015 saß ich im Büro des Chefs und bekam Feedback auf meine Bewerbung. Der Chef sagte zur Motivierung seiner Entscheidung: 'Du hast sehr viel Wissen, viel Engagement und Energie. Es macht mir Angst. Deshalb bekommst Du keinen Job.'

Für Leijon ist offensichtlich, worum es damals ging. Zwei Jahre später verfasste er seine Masterarbeit unter dem Titel: "Vetternwirtschaft der Polizeibehörde und die Verachtung von Wissen". Im Großraum Göteborg herrsche eine Kultur, die von "Vetternwirtschaft und Wissensverachtung geprägt" ist. Das Management leide unter Mittelmäßigkeit. Alle, die sich besser eigneten, würden weggedrängt und durch Bekannte ersetzt:

Freunde werden der Eignung und Kompetenz vorgezogen. (...) Die Situation erzeugt in Göteborg Konflikte und Frustration, da Wissen und Engagement eher eine Bedrohung als ein Vorteil sind.

Auch Stefan Holgersson, Polizeiprofessor der Universität Linköping, musste ähnliche Erfahrungen machen:

Ich kann zum Beispiel sagen, dass ich, als ich mich bei der Polizei um andere Dienste beworben habe, erfahren musste, dass ich schriftlich wie mündlich am schlechtesten qualifiziert war und dass es zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei keine Verbesserungsmöglichkeiten gab. Aber meine Fähigkeiten in diesem Bereich sind ausreichend, um Dozent und Professor zu sein. Ich denke also, es geht um Vetternwirtschaft (...).

Tausende Stellen unbesetzt

Die Vorsitzende des Polizeiverbands Lena Nitz spricht von einem Personalmangel aufgrund schlechter Löhne:

Ein sehr großer Anteil ist tatsächlich an andere Regierungsstellen gegangen, die höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen haben. 

Waren es 2012 noch 179 Polizeibeamte, die der Polizei den Rücken kehrten und eine andere Arbeit suchten, waren es 2015 schon 271 Polizisten. 2016 und 2017 stieg die Zahl auf 450 Polizisten. Rund 40 Prozent gingen in den privaten Sektor. Der durchschnittliche Monatslohn eines schwedischen Streifenpolizisten mit ca. zehn Jahren Erfahrung liegt zwischen 25.800 (2.495 Euro) und 27.629 Kronen (2.672 Euro). Am meisten lässt sich als Polizist in der schwedischen Hauptstadt verdienen.