Messer-Attacke in Paris: Behörden kannten Angreifer - aber unterschätzten dessen Gefährlichkeit

Der mutmaßliche IS-Anhänger, der am Samstagabend in Paris mit einem Messer einen Menschen getötet und vier weitere verletzt hatte, ist inzwischen identifiziert. Seine Eltern wurden in Gewahrsam genommen. Der Attentäter war den französischen Behörden bekannt.

Der Terror kehrt wieder einmal nach Paris zurück: Ein mutmaßlicher Islamist hat im Zentrum der französischen Hauptstadt einen Passanten getötet und vier weitere Menschen verletzt. Der Angriff geschah am Samstagabend in einem belebten Ausgehviertel nahe der Oper im Herzen von Paris. Der aus Tschetschenien stammende und mit einem Messer bewaffnete Angreifer wurde dann von der Polizei erschossen.

Staatspräsident Emmanuel Macron erklärte, Frankreich habe erneut "den Preis des Blutes" bezahlt, werde aber vor den "Feinden der Freiheit" keinen Zoll zurückweichen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte inzwischen den Angriff für sich. Die auf Auswertung dschihadistischer Propaganda spezialisierte Seite Intelligence Group meldete, dass das IS-Sprachrohr Amak den Angreifer als "Soldaten des Islamischen Staates" bezeichnet habe.

Tatverdächtiger stand auf einer Liste von radikalisierten Personen

Mittlerweile kommen immer mehr Details zum Angriff und dem mutmaßlichen Täter selbst ans Tageslicht: Der Terror-Verdächtige wurde 1997 in der Teilrepublik Tschetschenien im russischen Nordkaukasus geboren und war mehreren Berichten zufolge seit 2010 französischer Staatsbürger. Die Ermittler identifizierten ihn anhand seiner Fingerabdrücke, berichtete der Radiosender Europe1. Am Sonntagmorgen nahmen die Fahnder die Eltern des mutmaßlichen Terroristen in Gewahrsam. Dieser war den Sicherheitsbehörden bereits bekannt und stand auf einer Liste von radikalisierten Personen. Nach Informationen der Regionalzeitung Le Parisien wurde sein Gefährdungspotenzial aber nicht als hoch eingestuft.

Der 21-Jährige schlug kurz vor 21 Uhr in der Rue Monsigny nahe der Oper im Herzen von Paris zu. Zum Zeitpunkt des Attentats waren dort viele Menschen auf der Straße, da die Gegend wegen ihrer vielen Bars, Restaurants und Theater beliebt ist. Er soll "Gott ist groß" auf Arabisch gerufen haben, wie der Pariser Staatsanwalt François Molins berichtete. Aufgrund der Vorgehensweise übernahmen Anti-Terror-Ermittler den Fall, ermittelt wird wegen Mordes und versuchten Mordes an Amtsträgern im Zusammenhang mit Terrorismus.

Angreifer ging mit dem Messer auch auf die herbeigeeilten Polizisten los

Bei dem getöteten Passanten handelt es sich um einen 29 Jahre alten Mann. Zwei der Opfer - ein 34-Jähriger und eine 54-Jährige - wurden nach Polizeiangaben mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Zwei weitere Passanten erlitten demnach leichtere Verletzungen, auch sie wurden im Krankenhaus behandelt. Die Verletzten seien inzwischen außer Lebensgefahr, sagte Innenminister Gérard Collomb in der Nacht.

Nach Polizeiangaben ging der Angreifer mit dem Messer auch auf drei herbeigeeilte Polizisten los. Einer von ihnen habe zunächst eine Elektroschock-Waffe gegen den Angreifer eingesetzt. Ein weiterer Beamter habe dann zwei Schüsse abgegeben, die den Angreifer tödlich getroffen hätten.

Premierminister Edouard Philippe lobte "die außerordentliche Reaktion" der Polizei. Fünf Minuten nach dem Notruf seien die Beamten vor Ort, neun Minuten nach dem Notruf sei der Täter tot gewesen. Die Schnelligkeit der Polizei "hat aller Wahrscheinlichkeit nach eine schlimmere Opferbilanz verhindert", sagte Philippe. Auch Innenminister Collomb lobte die Polizei, die mit kühlem Kopf vorgegangen sei.

Le Pen: "Zeitbomben auf französischem Boden außer Gefecht setzen"

Der erneute Anschlag entfachte rasch eine politische Debatte über die innere Sicherheit. Der Chef der konservativen Partei der Republikaner, Laurent Wauquiez, teilte via Twitter mit, Worte reichten nicht aus, es müssten Taten folgen. Die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, stellte via Twitter die Frage: "Was nützt diese Radikalisierten-Liste, wenn sie nicht dafür benutzt wird, um diese Zeitbomben auf französischem Boden außer Gefecht zu setzen?"

Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Terroranschläge. Seit Anfang 2015 wurden dabei mehr als 240 Menschen ermordet.

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(rt deutsch/dpa/afp)