Streit zwischen Israel und Polen: Präsident Duda wird kontroverses "Holocaust-Gesetz" unterschreiben

Nachdem das polnische Parlament noch Ende Januar für das Gesetz gestimmt hatte und daraufhin auch der Senat die Novelle mehrheitlich billigte, hat am Dienstag der polnische Präsident Andrzej Duda sein festes Vorhaben verkündet, dieses zu unterschreiben.

Die polnische Regierung soll israelischen und polnischen Medienberichten zufolge am Montagabend einen geplanten Besuch des israelischen Bildungsministers Naftali Bennett untersagt haben. 

Der israelische Politiker erläuterte im Nachhinein:

Die polnische Regierung hat meinen Besuch abgesagt, weil ich die Verbrechen ihres Volkes benannt hatte. Ich fühle mich geehrt.

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Mit dieser Absage wolle die polnische Führung "die Wahrheit meiden", so Bennett. Außerdem ergänzte der ehemalige Minister für Wirtschaft und Handel:

Das Blut polnischer Juden schreit aus der Erde und kein Gesetz wird es zum Schweigen bringen. [...] (Ich) bin entschlossen, das ausdrücklich zu sagen, was die Geschichte bereits bewiesen hat: Das polnische Volk hatte sich nachgewiesenermaßen am Mord an den Juden während des Holocausts beteiligt.

Naftali Bennett gehört zu den einflussreichsten Politikern Israels. Seine national-religiöse Partei "Jüdisches Haus", als deren Parteichef er fungiert, gehört zur Regierungskoalition. Dennoch gilt er als regelmäßiger Kritiker des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Gesetz wird trotz internationalen Widerstands unterschrieben

Im Hinblick auf die polnische Ausladung des israelischen Ministers am Montag folgte bereits am Dienstag das nächste Kapitel in diesem prekären Streit: Der polnische Präsident Andrzej Duda gab in einer Pressekonferenz im Warschauer Präsidentenpalast bekannt, dass er das Gesetz in seiner jetzigen Form unterschreiben, die Norm gleichzeitig aber dem polnischen Verfassungsgericht zur Prüfung übersenden werde. Dieses soll, so der Präsident, besonders den Artikel 55a der kontroversen Novelle im Lichte der konstitutionell garantierten Rede- und Meinungsfreiheit in Polen gegenprüfen. Die Entscheidung zu Gunsten einer zusätzlichen verfassungsrechtlichen Prüfung hat der Präsident wie folgt begründet:

[Uns] ist die diese Sensibilität äußerst wichtig. Eben die Sensibilität, die diese Stimmen des Einwandes erzeugt. Die Sensibilität, die Sorgen erzeugt, man könnte die Wahrheit nicht verkünden dürfen oder verbiete denen den Mund, die überlebt haben.

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Laut den Aussagen Dudas am Dienstag hat die Gesetzesnovelle für das "Institut des nationalen Gedenkens" (IPN) damit zu tun, dass in der Zeit des Zweiten Weltkriegs sechs Millionen polnischer Bürger umgebracht wurden. Wobei das polnische Staatsoberhaupt unterstrich, dass die "deutsche, nazistische Vernichtungsindustrie" ausgerichtet war auf das Ausmerzen des jüdischen Volkes. Der Präsident verstand die polnischen Juden als polnische Bürger eines besetzten, okkupierten Polens:

Ich sage "Bürger" - und unterstreiche es mit voller Kraft - denn unter ihnen waren mit voller Gewissheit drei Millionen polnische Bürger jüdischer Nationalität.