"Boombranche unter Beschuss": Deutsche Rüstungsindustrie mischt in der Ukraine kräftig mit

Deutsche Rüstungsunternehmen gehen zunehmend zur Produktion von Waffensystemen in der Ukraine über und nehmen dabei international eine führende Stellung ein. Die Ukraine soll mit deutscher Hilfe zu einem der größten Waffenproduzenten der Welt werden.

Mit Unterstützung der Bundesregierung treiben deutsche Rüstungsunternehmen führend den Aufbau der ukrainischen Rüstungsindustrie voran, schreibt das Analyseportal german-foreign-policy.com im Bericht "Rüstungsknotenpunkt Ukraine (II)". Die deutsche Rüstungsindustrie versuche, sich eine "herausragende Rolle" in der ukrainischen Rüstungsindustrie zu sichern. Das wird im Bericht anhand folgender Beispiele deutlich gemacht.

So hat der Drohnenhersteller Quantum Systems aus München im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am vergangenen Donnerstag eine Fabrik zur Herstellung von Aufklärungsdrohnen in der Ukraine eingeweiht, wie die Süddeutsche Zeitung am Sonntag meldete. Diese soll bis Ende 2024 annähernd 100 Mitarbeiter beschäftigen und perspektivisch bis zu 1.000 Drohnen pro Jahr herstellen.

Zuvor hatte unter anderem Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall in der Ukraine einen Standort für eröffnet – RT DE berichtete. Rheinmetall-Chef Armin Papperger hatte im Februar erklärt, ab Spätsommer 2024 werde man den Transportpanzer Fuchs aus in Deutschland hergestellten Einzelteilen in einer Fabrik in der Ukraine montieren können; im Sommer 2025 werde das mit dem Schützenpanzer Lynx möglich sein. Bislang ist der Bau von vier Fabriken im Land geplant.

Der Panzerbauer KMW bzw. dessen deutsch-französisches Joint Venture KNDS wird folgen, ebenso der deutsche Ableger des Lenkwaffenherstellers MBDA, der gemeinsam mit dem Kiewer Staatskonzern Ukrainian Defense Industry (UDI, früher "Ukroboronprom") Systeme zur Drohnenabwehr fertigen will.

Um Investitionen zu bündeln und bürokratische Hürden zu mindern, hat die Ukraine noch im September eine Rüstungsallianz mit Unternehmen aus westlichen Ländern gegründet. Ziel ist es, westliche Konzerne zur Gründung von Fabriken bzw. Joint Ventures mit ukrainischen Firmen zu bewegen, um einerseits dringend benötigte Investitionen ins Land zu holen und andererseits die ukrainische Branche, die einst stark war, die in den vergangenen drei Jahrzehnten aber marode wurde, energisch zu modernisieren. Wladimir Selenskij fordert, die Ukraine solle einer der bedeutendsten Rüstungsstandorte weltweit werden.

Berichten zufolge sind der Rüstungsallianz mittlerweile knapp 100 Unternehmen aus über 20 Staaten beigetreten, darunter etwa BAE Systems, die französische Thales Group, die italienische Leonardo, Saab aus Schweden sowie der türkische Drohnenhersteller Baykar. Das Joint Venture Rheinmetall/UDI ist schon in der Ukraine tätig.

Die in den letzten zwei Jahren stark gewachsene ukrainische Rüstungsindustrie bezeichnet das Portal als "Boombranche unter Beschuss". Die Rede ist von ständiger Bombengefahr durch russische Raketenangriffe und kriegsbedingte Stromausfälle – Letztere nehmen aufgrund der jüngsten russischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung nur noch zu. Auch die Präzision der russischen Angriffe ist laut ukrainischen Angaben stark gestiegen. Zudem beklagen ukrainische Rüstungsunternehmen einen Mangel an Arbeitskräften, der daraus resultiert, dass Hunderttausende Ukrainer an der Front kämpfen und weitere Millionen – häufig dauerhaft – ins Ausland geflohen sind.

Dennoch schreckt das die deutschen Partner nicht davon ab, in die ukrainische Rüstungsindustrie zu investieren und die Produktion sogar auf ukrainisches Territorium zu verlagern. Schließlich bürgt der deutsche Staat für die Risiken in der Ukraine, während die Unternehmen nur mit Profiten rechnen können. Allein bei Rheinmetall sind diese nach Presseberichten sagenhaft: Rheinmetall-Chef Papperger rechnet in den nächsten fünf bis sieben Jahren mit Verdoppelung des Umsatzes.

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