Ukraine-Strategie der EU: Bloß nicht drüber reden!

Auf dem kommenden EU-Gipfel wird es auch um die weitere Unterstützung für die Ukraine gehen. Eine grundsätzliche Diskussion über Ziele und Strategien wird es nicht geben. Das aber fordert Ungarns Ministerpräsident Orbán und ist damit nicht mehr allein.

Die EU hat auch weiterhin keine Strategie in der Ukraine und setzt stattdessen auf die weitere finanzielle und militärische Unterstützung und die Hoffnung auf einen Sieg des Landes über Russland. Das Scheitern der Gegenoffensive und der wahrscheinliche Rückzug der USA führen in der EU nicht zu einem Überdenken des eingeschlagenen Weges. Nun fordert Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán eine offene Diskussion über die Ukraine-Strategie der EU. Orbán stellt sich offen gegen die Ukraine-Politik und droht mit einem Veto auf dem kommenden EU-Gipfel. 

EU-Politiker reagieren darauf gereizt, schreibt der in Brüssel lebende Journalist Eric Bonse auf dem wirtschaftspolitischen Blog Makroskop. Orbán habe einen Nerv getroffen, schließt er daraus. Die Ukraine-Politik der EU sei zu einem nicht weiter zu hinterfragenden Imperativ geworden. 

"Die Ukraine, so verkündet es von der Leyen immer wieder, verteidige nicht nur ihr eigenes Land, sondern ganz Europa. Der Beitritt zur EU sei nicht nur wichtig für Kiew, sondern für die Zukunft der gesamten Union."

Das werfe allerdings die Frage auf, ob dem tatsächlich eine realistische Strategie zugrunde liege. Genau diese Frage würde Orbán stellen. 

Die Gegenoffensive ist gescheitert, die EU kann ihre Versprechen an die Ukraine nicht halten. Sie musste einräumen, dass sie sich mit dem Versprechen, eine Million Artillerie-Granaten zu liefern, schlicht übernommen hat. Hinzu kommt eine schwere Wirtschaftskrise in Deutschland, die auch die Hilfen von dort infrage stellt. 

Es sei daher dringend notwendig, sich über das weitere Vorgehen zu verständigen, schreibt Bonse. 

"Vor diesem Hintergrund wäre es im ureigensten Interesse Deutschlands und der EU, den bisher verfolgten Kurs zu überdenken und die Strategie neu auszurichten. Doch dazu scheinen Von der Leyen, Michel & Co. nicht bereit.
Sie klammern sich an ihre alte, durch die neue Lage längst überholte Agenda. Nach Michel, der eigens nach Budapest reiste, versucht nun auch noch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, Orban umzustimmen.
Einer Strategie-Debatte weichen sie aus."

Das birgt Sprengstoff für das Gipfeltreffen der Regierungschefs, das am 14. Dezember beginnt. Denn auch wenn Ungarns Ministerpräsident am lautesten vernehmbar ist, allein steht Orbán mit seiner Forderung nach einer Neuausrichtung der Ukraine-Strategie an realistischen Zielen längst nicht mehr.

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