SBU erhebt Anklage gegen Patriarch Kirill

Der Sicherheitsdienst der Ukraine verdächtigt den Patriarchen Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, "Kreml-Narrative" zu verbreiten und die territoriale Integrität der Ukraine zu verletzen. Vor einem Jahr verhängten Kiew, London und Ottawa Sanktionen gegen ihn.

Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat den Patriarchen Kirill von Moskau und ganz Russland mehrerer Vergehen im Sinne des Strafgesetzbuches der Ukraine verdächtigt, heißt es auf der Webseite der Behörde.

Dabei gehe es um den Eingriff in die territoriale Integrität und Unverletzlichkeit der Ukraine, die Rechtfertigung und Anerkennung der Legitimität und gleichzeitige Leugnung einer bewaffneten "Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine" sowie die Planung, Vorbereitung, Entfesselung und Führung eines "Angriffskrieges".

Der SBU glaubt, dass der Patriarch "regelmäßig die Narrative des Kremls verbreitet", im März 2022 den Rosgwardija-Kommandanten Wiktor Solotow "für den Krieg gegen die Ukraine" segnete und Ende Februar 2023 "die Besetzung der Ostukraine rechtfertigte". Der ukrainische Sonderdienst geht davon aus, dass das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche bei seinen Aktivitäten unter anderem Vertreter der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats einsetzt. Insgesamt seien seit dem 24. Februar 2022 70 Strafverfahren gegen Vertreter der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche eingeleitet worden, davon 16 gegen die Metropoliten der Kirche, so der SBU.

Am Tag des Beginns der Kampfhandlungen in der Ukraine rief der russische Patriarch alle Konfliktparteien dazu auf, Anstrengungen zu unternehmen, um zivile Opfer zu vermeiden. Er betonte auch, dass er "mit tiefem und herzlichem Schmerz das Leid der Menschen wahrnimmt, das durch die aktuellen Ereignisse verursacht wird", und "tiefes Mitgefühl mit allen hat, die von der Katastrophe betroffen sind".

Später sagte das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, dass "wir in einen Kampf eingetreten sind, der keine physische, sondern eine metaphysische Bedeutung hat", und rief zur Mobilisierung "gegen die Kräfte des Bösen" auf. Kirill erklärte:

"Natürlich muss die Kirche mobilisiert werden – in erster Linie, um für unsere Behörden, unsere Armee, zu beten, aber auch, um an vorderster Front dabei zu sein."

Der Patriarch sprach von der Notwendigkeit, "Opfer zu bringen", um die kanonische Orthodoxie in der Ukraine zu erhalten. Im Januar 2023 sagte Patriarch Kirill, dass ein Machtwechsel in der Ukraine "nicht lange auf sich warten lassen wird".

Im Oktober 2022 hat die Ukraine Sanktionen gegen das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche verhängt. Die EU-Führung forderte ebenfalls Restriktionen gegen ihn, da "religiöse Führer nicht von der Verantwortung freigesprochen werden sollten" für die Unterstützung des russischen Vorgehens in der Ukraine. Auch das Vereinigte Königreich und Kanada verhängten eigene Sanktionen gegen ihn.

Sanktionen gegen den Patriarchen Kirill könnten jedoch nur für "jene politischen Kräfte notwendig sein, die sich die Eskalation des Konflikts und die Entfremdung vom Frieden zu ihrem wichtigsten Ziel gemacht haben", so die Russisch-Orthodoxe Kirche. Sie hält Versuche, den Patriarchen einzuschüchtern oder ihn zu zwingen, seine Überzeugungen aufzugeben, für "sinnlos, absurd und vergeblich".

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