Von Irina Taran und Jelisaweta Komarowa
Die Militärhilfe der Niederlande an die Ukraine erreichte in den vergangenen sechs Wochen ungefähr 1,07 Milliarden Euro, berichtete die Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren in einem Brief an die Zweite Kammer des Parlaments. Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitierte das entsprechende Dokument:
"Der Gesamtwert der Militärhilfe der Ukraine betrug nach dem Stand vom 24. Januar etwa 1,07 Milliarden Euro."
Es wurde angemerkt, dass die niederländische Regierung über 463,8 Millionen Euro aus dieser Summe für Kriegsgerät und Ausrüstung ausgab, die an das Kiewer Regime geliefert wurden.
Laut Ollongren beeinflusst die Hilfe an die Ukraine die Bereitschaft der niederländischen Streitkräfte, allerdings sei die Lage momentan hinnehmbar. Langfristig müsse das Land allerdings einen Plan zur Aufstockung der Bestände und Anschaffung neuer Technik ausarbeiten, erklärte sie.
Danach verkündete die Verteidigungsministerin, dass die Niederlande gemeinsam mit Deutschland und Dänemark etwa 100 Panzer vom Typ Leopard 1 sowie Munition liefern werden.
Zuvor hatte der Ministerpräsident der Niederlande, Mark Rutte, versprochen, dass sein Land im Jahr 2023 für die militärische und humanitäre Unterstützung der Ukraine 2,5 Milliarden Euro bewilligen werde. Zuvor hatte Den Haag auch die Lieferung von zwei Luftabwehrsystemen vom Typ Patriot samt Raketen für Kiew angekündigt. Dabei schließt die niederländische Führung die Möglichkeit einer Lieferung von F-16-Jägern oder die Bezahlung der Lieferung deutscher Panzer an Kiew nicht aus.
Neben den Niederlanden kündigten in diesem Monat auch die USA eine weitere Waffenlieferung für die Ukraine im Wert von etwa 2,2 Milliarden US-Dollar an. Das neue Paket wird Luftabwehrsysteme, Munition für Panzerabwehrsysteme vom Typ Javelin sowie HIMARS-Raketen, gewöhnliche und mit vergrößerter Reichweite, umfassen. Wie das Pentagon bemerkte, ist die Rede insbesondere von Bomben des Typs GLSDB mit einer Flugweite von bis zu 150 Kilometern. Zuvor hatte der Präsident der USA, Joe Biden, versprochen, Kiew 31 Abrams-Panzer zu schicken. Insgesamt bewilligten die Vereinigten Staaten unter Biden 30 Milliarden US-Dollar an Militärhilfe für Kiew.
Darüber hinaus werden Frankreich und Italien der Ukraine im Frühling das gemeinsam entwickelte Luftabwehrsystem Samp/T schicken. Dies ist ein europäischer Raketenabwehrkomplex mit großer Reichweite aus französischer und italienischer Entwicklung. Polen äußerte seinerseits die Bereitschaft, der Ukraine Jagdflugzeuge vom Typ F-16 zu übergeben, allerdings nur nach einem gemeinsamen Beschluss der NATO-Staaten. Auch Großbritannien schließt Jet-Lieferungen an Kiew nicht aus. Deutschland bestätigte indessen bereits, dass Berlin eine Übergabe von Leopard-1-Panzern an Kiew bewilligt hätte. Wie das Internetportal Business Insider berichtete, wird die Bundesregierung zwei deutschen Rüstungsunternehmen erlauben, 187 Panzer vom Typ Leopard 1 an die Ukraine zu liefern. Dabei werden 88 Maschinen von Rheinmetall sowie 99 weitere von der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft an Kiew übergeben. Die ersten Panzer aus Deutschland werden in der Ukraine nicht vor Mitte 2023 eintreffen, schrieb Business Insider. Im Januar kündigte Kanada die Lieferung von vier Panzern vom Typ Leopard 2 an die Ukraine an und schickte in der vergangenen Woche die erste dieser Maschinen.
"Keine Änderung am Ergebnis"
Vor dem Hintergrund dieser geplanten Waffenlieferungen an Kiew stellen die westlichen Medien immer häufiger die These auf, dass diese Anstrengungen die Kampffähigkeit des ukrainischen Militärs nicht bedeutend verbessern und die Ukraine nicht zum Sieg führen werden.
So erklärte der Journalist Christopher Roach in seinem Artikel für die Zeitschrift The American Greatness, dass die Waffenlieferungen des Westens die Ukraine nicht vor einer Niederlage retten und den Verlauf der Konfrontation nicht ändern werden:
"Die Gespräche über eine Winteroffensive der ukrainischen Armee hörten auf, während die Verluste steigen und Russland konzentrierte ukrainische Truppenverbände einkesselt. […] Der Westen und seine Anführer betreiben entweder massive Realitätsverweigerung oder zerstören bewusst ihre begrenzten Ressourcen an Waffen und Munition für irgendeinen ruchlosen Zweck. Gegenwärtig gibt es keine Aussicht auf einen ukrainischen Sieg, und einige Hundert 'Wunderwaffen' werden das Ergebnis nicht ändern."
Roach fügte hinzu, dass selbst höchste Militärvertreter der USA begannen, Zweifel zu äußern, obwohl sie ursprünglich sehr optimistisch in Bezug auf die ukrainische Kampagne eingestellt waren und sich aktiv für ihre Unterstützung aussprachen.
Der Journalist ist der Meinung, dass Russland mehr Waffen und Munition herstellen könne als der gesamte Westen. Er bemerkte:
"Russlands Wirtschaft aus dem Industriezeitalter ist anscheinend für einen Abnutzungskrieg gut ausgestattet, da Russland die Möglichkeit hat, sowohl Lebensmittel als auch andere Bedarfsgegenstände für seine Bevölkerung zu produzieren und gleichzeitig mehr Panzer, unzählige Kamikaze-Drohnen und ein Vielfaches mehr an Artilleriegranaten herzustellen als sein Gegner."
Er fügte hinzu, dass Russland über eigene Fabriken und Technologien für die Produktion von "Bergen an Artilleriegeschossen" verfüge. Diese Munition vernichte die ukrainischen Truppen in großem Umfang.
Der Journalist verwies gleichzeitig darauf, dass die Wirtschaft der Ukraine dagegen praktisch völlig zerstört sei, während der Staats- und Militärhaushalt des Landes vollkommen von westlichen Subventionen abhängen.
Die Anführer der westlichen Länder hätten irrtümlicherweise wirtschaftliche Aktivität für Produktionsfähigkeit gehalten, schrieb Roach. Als Beispiel führte er an, dass die Vereinigten Staaten und die NATO sehr komplexe Waffensysteme, wie etwa F-35-Jäger oder Patriot-Luftabwehrkomplexe, herstellen können, "allerdings nur im Rahmen eines langen und teuren Prozesses". Der Journalist behauptete:
"Die westliche Rüstungsindustrie ist weder für die Geschwindigkeit noch für den Umfang der Produktion optimiert. Es wird Jahre dauern, um dies nachzuholen."
Er meinte weiter, dass die für Kiew versprochenen modernen westlichen Kampfpanzer komplex seien und eine aufwendige technische Wartung sowie lange Ausbildung der Besatzung erfordern würden, zumal der Westen sie nur in sehr begrenztem Umfang liefern könne.
Später veröffentlichte die Zeitung Financial Times am 5. Februar einen Artikel (hinter einer Bezahlschranke), der anmerkte, dass die von Washington zur Lieferung an die Ukraine vorgesehenen Abrams-Panzer eine aufwendige logistische und technische Unterstützung erfordern. Es wurde weiter bemerkt, dass die Ausbildung an diesen Maschinen sogar noch mehr Zeit in Anspruch nehme als im Falle der deutschen Leopard-Panzer. Darüber hinaus erfordere der Betrieb von Abrams mehr Ersatzteile, die aus den USA angeliefert werden müssen, sowie den schwieriger zu beschaffenden Reaktivtreibstoff.
Wie die Zeitschrift Newsweek ihrerseits berichtete, könnte die ukrainische Infrastruktur die Masse der versprochenen westlichen Panzer, darunter der Abrams, nicht aushalten. Insbesondere Brücken sowie Maschinen zur Pontonüberquerung des ukrainischen Militärs sind für leichtere Maschinen ausgelegt.
"Unter Washingtons Druck"
Wie der Leiter des Luftabwehrmuseums im russischen Balaschicha, Oberst a. D. Juri Knutow, in einem Gespräch mit RT bemerkte, sei das militärisch-wirtschaftliche Potential der USA, der Niederlande und weiterer westlicher Länder zwar noch lange nicht erschöpft, allerdings könne diese Hilfe den Verlauf der Kampfhandlungen in der Ukraine nicht nachhaltig beeinflussen. Knutow erklärte:
"Wenn wir den Umfang der Militärlieferungen betrachten, sind die USA an erster Stelle, danach kommen die restlichen Länder des Westens, darunter die Niederlande. All diese Waffenlieferungen sollen eine Eskalation der Kampfhandlungen herbeiführen. Was die Niederlande angeht, fiel das Land durch Russophobie und antirussische Stimmungen auf. Nun, da es eine Möglichkeit zur Verwirklichung antirussischer Ambitionen gibt, greifen sie sie mit Freude auf."
Zur weiteren militärischen Unterstützung Kiews motiviert würden die westlichen Länder durch die Vereinigten Staaten, bemerkte der Analytiker. Knutow berichtete:
Sie [die USA] setzen einen gewissen Trend bei den Lieferungen. So enthält ihr jüngstes Paket neben anderen Waffen auch Raketen vom Typ GLSDB mit einer Flugweite von 150 Kilometern. Bei dieser Munition handelt es sich um bodenbasierte Bomben, bei denen Triebwerke der HIMARS-Raketen eingesetzt werden. Der Sprengkopf ist de facto eine steuerbare Bombe kleinen Kalibers. Dennoch werden diese Raketen für die russischen Streitkräfte zur Zielscheibe werden. Russland verfügt über Mittel zur Bekämpfung von Gleitbomben – in erster Linie sind das Komplexe der Typen Panzir, Tor-M2 sowie Buk."
Eine ähnliche Ansicht äußerte der Militärexperte Iwan Konowalow. Seiner Meinung nach können GLSDB-Raketen manövrieren, allerdings wird das für die russischen Streitkräfte nicht zu einem Problem werden. In einem Kommentar an RT erklärte der Analytiker:
"Ich bin mir sicher, dass die russischen Luftabwehrsysteme sehr erfolgreich diesen Raketen entgegentreten können. Neben den Komplexen vom Typ Tor und Buk können bei Bedarf auch S-300 und S-400 eingesetzt werden. Sie alle können die GLSDB abfangen, zumal ihre Geschwindigkeit klein ist."
Darüber hinaus werden die russischen Luft- und Weltraumstreitkräfte weiterhin Verbindungswege des ukrainischen Militärs und Lieferungen westlicher Technik angreifen, meinte Knutow. Dies könnte das Erscheinen der westlichen Maschinen auf dem Schlachtfeld verhindern.
Nach Knutows Meinung bestehe das Ziel des Westens beim gegenwärtigen Aufpumpen der Ukraine mit Waffen in ihrer Vorbereitung zu einer strategischen Frühlingsoffensive. Knutow vermutete:
"Dennoch ist jetzt schon klar, dass die Ressourcen des Kiewer Regimes trotz bedeutender wirtschaftlicher und militärischer westlicher Unterstützung erschöpft sind und die Armee zermürbt ist. Bei weitem nicht alle westlichen Waffen sind für Kämpfe in der Ukraine geeignet. Insbesondere wiegen die westlichen Panzer über 60 Tonnen, sie sind weniger manövrierfähig und beweglich als die russischen Maschinen. Sie werden dem ukrainischen Militär kaum helfen. Es ist durchaus möglich, dass sich das Kiewer Regime nach einer gescheiterten Offensive für Verhandlungen und einen Friedensschluss unter russischen Bedingungen offener zeigt."
Der Militärexperte Iwan Konowalow bemerkte seinerseits, dass die Vorräte der westlichen Länder wegen laufender Lieferungen an die Ukraine bereits zur Neige gehen, während die Produktion neuer Waffen viel Zeit in Anspruch nehmen werde. Er erklärte:
"Besonders beklagenswert ist die Lage in europäischen NATO-Ländern, die jetzt schon vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Energiekrise in den EU-Staaten mit ihren Waffenlieferungen an Kiew in Verzug geraten. Eine weitere Befolgung von Washingtons Anweisungen wird ihnen zum Verhängnis, doch sich weigern können sie auch nicht. Dies ist besonders gut an der deutschen Regierung sichtbar, die bis zuletzt eine Übergabe von Panzern an Kiew verweigerte, doch schließlich dem Druck aus Washington nachgab."
Konowalow äußerte auch die Ansicht, dass weitere Waffenlieferungen an Kiew sowohl europäische NATO-Länder als auch die de facto diesen Prozess anführenden USA in eine strategische Sackgasse führen werden. Er schlussfolgerte:
"Die Vereinigten Staaten stehen an der Spitze anderer westlicher Länder, die dazu aufrufen, Kiew mit Waffen vollzupumpen, aber sie bewegen sich aus Trägheit und können die genauen Folgen ihres Handelns nicht vorhersehen."
Übersetzt aus dem Russischen
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