Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó, der am Montag an dem EU-Außenministertreffen in Brüssel teilnimmt, hat sich gegen Russland-Sanktionen im Bereich Atomenergie ausgesprochen. Jegliche Beschränkung der nuklearen Zusammenarbeit mit Russland würde einen enormen Schaden für Ungarn bedeuten und die Energiesicherheit des Landes untergraben, da die Kernenergie für die Energieversorgung Ungarns unverzichtbar sei, sagte Szijjártó. Mit Hinblick auf ein mögliches zehntes EU-Sanktionspaket gegen Russland betonte er:
"Es ist völlig offensichtlich und für niemanden überraschend, dass Ungarn keine Sanktionen unterstützen wird, die die nukleare Zusammenarbeit mit Russland in irgendeiner Weise einschränken würden."
Das AKW Paks, das den Kernbrennstoff aus Russland verwendet, liefere derzeit 50 Prozent des ungarischen Strombedarfs, hieß es. Ohne den Bau neuer Blöcke werde es unmöglich sein, die Energiesicherheit des Landes in kommenden Jahrzehnten zu gewährleisten. Zudem hat Szijjártó Brüssels Sanktionspolitik gegenüber Russland vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts kritisiert. Diese habe die EU in eine Sackgasse geführt, so Ungarns Außenminister. Budapest bestreite grundsätzlich die Wirksamkeit der Restriktionen. Und weiter:
"Die Sanktionen schaden uns Europäern mehr als den Russen. Jeder kann dies anhand der Fakten sehen. Das ist keine politische Botschaft, das ist eine Tatsache."
Die EU sollte endlich erkennen, so Szijjártó, dass die Strafmaßnahmen ihre Wirkung verfehlt hätten. Und anstatt Waffenlieferungen an die Ukraine zu tätigen, die Hunderte Millionen kosten würden, sollte sich Europa auf die Friedensförderung konzentrieren.
Das einzige ungarische AKW Paks liegt 100 Kilometer südlich von Budapest. Ende 2014 hatten Russland und Ungarn Dokumente über den Bau der neuen Blöcke Nr. 5 und Nr. 6 mit Reaktoren des Typs WWER-1200 der Generation 3+ für unterzeichnet. Die Kapazität jedes Blocks soll 1.200 Megawatt betragen. Russland werde Ungarn ein Staatsdarlehen von bis zu zehn Milliarden Euro für das Paks-2-Projekt gewähren, hieß es damals. Ende August 2022 hatte die zuständige ungarische Regulierungsbehörde dem umgerechnet 12,5 Milliarden Euro schweren Neubau eine Genehmigung erteilt. Außenminister Szijjártó zeigte sich zuversichtlich, dass die neuen Blöcke bis 2030 in Betrieb genommen werden. Anfang Dezember 2022 war berichtet worden, Ungarns Prüfungsgruppe habe den russischen Atomunternehmen das Zertifikat für die Anlagenherstellung für AKW Paks-2 ausgestellt. Ungarns Führung hatte wiederholt erklärt, dass die Kernenergie ein Weg zur Energiesouveränität des Landes sei.
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