EU-Parlament fordert Sondergerichtshof gegen Russland und Weißrussland

Mit großer Mehrheit hat das EU-Parlament eine Entschließung angenommen, in der die Bildung eines Sondergerichtshofs zur Aburteilung Russlands und Weißrusslands gefordert wird. Aussicht auf internationale Anerkennung des Tribunals besteht jedoch nicht.

Mit 472 Stimmen bei 19 Gegenstimmen und 33 Enthaltungen hat das Europaparlament in Straßburg eine Entschließung angenommen, in der ein internationaler Sondergerichtshof zur strafrechtlichen Verfolgung von angeblich von Russland begangenen Verbrechen gefordert wird. Anlass sind bisher unbewiesene Anschuldigungen gegen Russland, in den ukrainischen Städten Butscha, Irpen und anderen gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen zu haben. 

Nach dem Willen der Abgeordneten soll der Strafgerichtshof nicht nur gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und die politische und militärische Führung Russlands ermitteln. Im Fokus stehen auch der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko sowie die weißrussische Führung. Wofür der weißrussische Präsident abgeurteilt werden soll, lässt die Entschließung jedoch offen. 

Die Vorarbeiten zur Einrichtung des Sondergerichtshofs sollen unmittelbar beginnen. Dazu soll eng mit ukrainischen Behörden zusammengearbeitet werden, die zudem von internationalen ‒ gemeint sind westliche ‒ Behörden unterstützt werden sollen. 

Bereits zuvor hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) ein Sondertribunal zur Aburteilung Russlands gefordert. 

Eine internationale Anerkennung des Sondergerichtshofs ist allerdings kaum vorstellbar. Dass er von Russland und Weißrussland anerkannt wird und somit dort gesprochene Urteile für die Länder bindend werden, ist schlicht nicht denkbar. Die Idee krankt grundlegend an einer Asymmetrie, da westliche Verstöße gegen das Völkerrecht nicht in die Zuständigkeit des Sondergerichtshofs fallen sollen. Auch die Verbrechen, die mutmaßlich von der Ukraine im Donbass verübt wurden, sollen nach den Vorstellungen der Parlamentarier nicht geahndet werden. 

Problematisch ist zudem die Ausrichtung an ukrainischem Recht. Die in der ukrainischen Gesetzgebung festgeschriebenen Ungleichheiten und Diskriminierungen von Teilen der Bevölkerung sind mit zentraler Auslöser des Konflikts. 

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