Die verhaftete ehemalige Vizepräsidentin des Europaparlaments Evdoxia "Eva" Kaili hat im EU-Korruptionsskandal Medienberichten zufolge ein Teilgeständnis abgelegt. Wie die Tageszeitungen Le Soir und La Repubblica am Dienstag unter Berufung auf Ermittlungsdokumente berichteten, gab die 44 Jahre alte Griechin unter anderem zu, ihren Vater vor ihrer Festnahme angewiesen zu haben, Bargeld zu verstecken.
Zudem wird der Untersuchungsrichter aus den Dokumenten zitiert:
"Sie (Kaili) sagt aus, dass sie in der Vergangenheit von den Aktivitäten ihres Ehemanns mit Herrn Panzeri wusste und dass Koffer mit Geld durch ihre Wohnung geschleust wurden."
Wegen mutmaßlicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland ermittelt die belgische Justiz seit Monaten im Umfeld des Europaparlaments. Im Raum steht die Vermutung, dass das Golfemirat Katar mit Geld- und Sachgeschenken versucht haben soll, Einfluss auf politische Entscheidungen der EU zu nehmen. Berichten zufolge soll dies auch Marokko versucht haben.
Belgische Ermittler nahmen seit dem 9. Dezember mehrere Personen in dem Fall fest. Kaili sitzt derzeit in Belgien in Untersuchungshaft. Gleiches gilt für den ehemaligen italienischen Europaabgeordneten Pier Antonio Panzeri sowie für ihren Lebensgefährten Francesco Giorgi, den der Untersuchungsrichter den Berichten zufolge als Kailis Ehemann bezeichnete. Kailis Lebensgefährte hat laut Medienberichten bereits ebenfalls ein Geständnis abgelegt.
Der Italiener, der bislang Assistent im Büro eines italienischen EU-Parlamentariers war, gab demnach zu, Teil einer Organisation gewesen zu sein, über die sich Katar und Marokko in europäische Angelegenheiten einmischen wollten. Zudem beschuldigte er Panzeri, Kopf der mutmaßlichen Organisation gewesen zu sein. Die italienische Justiz hatte am Montag die Auslieferung von Panzeris Ehefrau nach Belgien genehmigt. Die Verteidiger der 67-Jährigen wollen der Nachrichtenagentur Ansa zufolge gegen diese Entscheidung in Berufung gehen. In Panzeris Wohnung hatten die Ermittler am 9. Dezember 600.000 Euro Bargeld gefunden.
Anwalt von Kaili "empört"
Die Entscheidung über eine mögliche Auslieferung von Panzeris Tochter vertagte das zuständige Gericht in Brescia am Dienstag auf den 3. Januar. Deren Anwälte hatten gefordert, zunächst die Haftbedingungen in Belgien zu prüfen. Die belgische Justiz wirft der Tochter vor, von den mutmaßlichen Machenschaften ihres Vaters gewusst zu haben. Laut Medienberichten hatte sie selbst sich dazu in der Verhandlung am Dienstag nicht geäußert.
Kaili wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Europaparlament als Vizepräsidentin abgesetzt und hatte bislang über ihren Anwalt ihre Unschuld beteuert. Ihr Vater war am 9. Dezember von Ermittlern bei dem Versuch festgenommen worden, einen Koffer voller Bargeld in einem Brüsseler Hotel zu verstecken. Kaili hatte ihn zuvor wegen des Großeinsatzes der belgischen Ermittler in dem Fall gewarnt, schreiben Le Soir und La Repubblica. Sie habe zudem versucht, zwei Europaabgeordnete zu warnen.
Ihr Anwalt André Risopoulos sagte auf Anfrage von Le Soir und La Repubblica, dass er persönlich empört sei, dass die Zeitungen Zugang zu den Dokumenten hätten. Er bestätigte nicht, dass es sich bei den Aussagen um ein Teilgeständnis handelt.
Die belgische Justiz will an diesem Donnerstag darüber entscheiden, ob Kaili im Gefängnis bleiben muss. In der vergangenen Woche war ein Termin für die Haftprüfung kurzfristig verschoben worden.
Mehr zum Thema – Der "Katar-Skandal" des EU-Parlaments ist bloß die Spitze eines Korruptions-Eisbergs
(rt de/dpa)