Von Oleg Isajtschenko
Das russische Verteidigungsministerium hat die Verlegung der Truppen vom rechten Ufer des Dnjepr auf das linke Ufer abgeschlossen. Bei dieser Operation wurden über 30.000 Soldaten, etwa 5.000 Einheiten an Waffen und Kriegsgerät sowie materielles Eigentum abgezogen. Darüber hinaus wurde das gesamte reparaturbedürftige militärische Gerät auf das linke Ufer verlegt.
Auf diese Weise ist der Dnjepr zu einer Kontaktlinie geworden. In diesem Zusammenhang ist die vom Pentagon angekündigte zusätzliche Hilfe für die ukrainischen Streitkräfte, die eine Lieferung von 40 gepanzerten Flussbooten vorsieht, von besonderer Bedeutung. Und es ist nicht das erste Mal, dass die NATO-Staaten solche Lieferungen vornehmen.
"Die geplante Entsendung von gepanzerten Flussbooten durch die Vereinigten Staaten in die Ukraine ist ernst zu nehmen. Dieser Bereich der US-Flotte entwickelt sich stetig weiter und verbessert regelmäßig den technischen Aspekt im weitesten Sinne: Aufklärung – Kontrolle – Kommunikation", schreibt der Militärexperte Ilja Kramnik.
Darüber hinaus sind nun die Voraussetzungen für einen vollwertigen Flusskrieg gegeben. Die ukrainischen Streitkräfte haben die Möglichkeit, eine geschützte Basis der Boote in der Nähe von Nikolajew, an der Flussmündung des Bug oder in Otschakow zu organisieren, bemerkt der Telegram-Kanal "Bloknot Periscope". Aus diesem Grund können nicht nur die Stauseen, sondern der gesamte untere Teil des Dnjepr, einschließlich der angrenzenden Mündungsgebiete, das Ziel militärischer Kampfhandlungen sein.
Zudem könnten die Boote für die Erstürmung des AKW Saporoschje genutzt werden, worüber die örtlichen Behörden und Fachleute wiederholt gewarnt haben. "Allgemein scheint die Formation der Flussflottille für den Feind logisch zu sein. Der Dnjepr hat sich in eine Frontlinie verwandelt, sodass die feindlichen Kräfte mit wirksamen Kampfmitteln, einschließlich gepanzerter Boote, ausgestattet werden müssen", erklärte der Reserveoffizier ersten Ranges Sergei Ischtschenko gegenüber der Zeitung Wsgljad.
Mittels Panzerbooten lassen sich die Sabotage- und Aufklärungstruppen der ukrainischen Streitkräfte auf das linke Ufer schleusen, was in den Gebieten des AKW Saporoschje bereits wiederholt beobachtet wurde. "Zudem sind die gepanzerten Boote erforderlich, um den Fluss an einem beliebigen Abschnitt zu überqueren und anschließend einen bestimmten Brückenkopf einzunehmen", fügte der Experte hinzu. Und darüber hinaus können die ukrainischen Streitkräfte mittels gepanzerter Boote die russischen Truppen daran hindern, den Dnjepr zu überwinden.
Was den Standort der Flussboote betrifft, so werden die ukrainischen Streitkräfte diese sehr wahrscheinlich in der Nähe von Wasserreservoirs unterbringen. "Die Kachowkaer und Kiewer Stauseen haben ein recht großes Überschwemmungsgebiet. Zudem gibt es dort jede Menge Inseln und Einbuchtungen, wo die Boote leicht versteckt werden können", erklärte Ischtschenko.
Wenn man über die Bekämpfungsmöglichkeiten spricht, sollten die Boote durch die Hubschrauber der russischen Streitkräfte versenkt werden, meint der Gesprächspartner. "Außerdem sollte man darüber nachdenken, die gepanzerten Boote der Kaspischen Flottille an den Dnjepr zu verlegen. Sie wurden bereits in Zeiten angespannter Beziehungen zu Kiew mehrmals ins Asowsche Meer gebracht. Wir benötigen diese, um genau die gleichen Aufgaben zu erfüllen, die die ukrainischen Streitkräfte mittels US-amerikanischer gepanzerter Flussboote zu realisieren beabsichtigen", betonte der Experte.
Gleichzeitig hat Russland schon lange keine vollwertigen gepanzerten Boote mehr gebaut, weil es keine Notwendigkeit dafür gab. "Obwohl die Korvette der Bujan-Klasse ursprünglich für Flüsse entwickelt wurde und über einen Motor verfügt, das die Fahrt durch seichtes Gewässer ermöglicht. Daher ist es wünschenswert, alles, was wir haben, in die Nähe der Kinburn-Nehrung zu verlegen. Das ist doch besser als nichts", bemerkte er.
Der Reservekapitän dritten Ranges Maxim Klimow erinnerte daran, dass die ukrainischen Streitkräfte bereits im Frühjahr eine eigene Dnjepr-Flottille aufgestellt haben. "Zusätzlich haben sie zivile Schiffe mobilisiert und für militärische Zwecke umgerüstet. Wir unsererseits haben noch nichts dergleichen unternommen", erklärte Klimow gegenüber Wsgljad.
Allerdings seien gepanzerte Boote recht verwundbar, bemerkte er, sodass sie bei einem Überraschungsangriff von fast jeder Art von Waffe abgeschossen werden könnten. Am effektivsten könnten hier nach Ansicht des Experten Kampfhubschrauber sein – die allerdings genügend andere Aufgaben haben.
"Außerdem zeigt uns die Erfahrung der militärischen Spezialoperation, dass die Schnelligkeit der Entscheidungsfindung bei der Verteidigung oder dem Angriff wichtiger ist als die Panzerung. Daraus folgernd müssen wir die Mittel zur Aufklärung und Bekämpfung besser nutzen, indem wir sie in einem einzigen System zusammenführen. Und selbstverständlich benötigen wir gepanzerte Hochgeschwindigkeitsboote sowie schnelle Frachtkähne und Fähren", ist Klimow überzeugt.
Übrigens könnte es passieren, dass die Pläne der ukrainischen Streitkräfte und des Pentagon für den Dnjepr nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. "Es ist nicht ganz klar, wie sie die Boote verlegen wollen: Der südliche Teil des Flusses ist unserer Kontrolle unterworfen. Selbst wenn sie die Boote über die Donau schleusen – dieses Territorium befindet sich sowieso unter der Aufsicht der russischen Schwarzmeerflotte", sagte der Militärexperte Wassili Dandykin gegenüber Wsgljad.
Im Hinblick auf die Verwendung von gepanzerten Booten durch die ukrainischen Streitkräfte erinnerte der Experte daran, dass sie diese nicht so sehr für Landungen, sondern für Raketen- und Artillerieangriffe benötigten. "In jedem Fall, unter Berücksichtigung der neuen Verteilung der Kräfte am Dnjepr, sollten wir ernsthaft darüber nachdenken, dieselben 'Bujans' vom Kaspischen Meer an den Dnjepr zu bringen. Daneben verfügt der FSB Grenzschutz auch über Boote, die bei Bedarf in dem Gebiet eingesetzt werden können", so Dandykin abschließend.
Übersetzt aus dem Russischen, zuerst veröffentlicht in Wsgljad.
Mehr zum Thema - Nach Cherson fallen auch einige Sanktionen: Nur Zufall, nichts weiter ...