Auf seinem Rückflug nach dem neunten Gipfeltreffen der Präsidenten der Turkstaaten in Usbekistan hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan an Bord seiner Maschine auf Fragen von Journalisten geantwortet. Der Politiker wurde unter anderem nach dem Ukraine-Krieg gefragt. Erdoğan teilte mit, er hoffe auf ein baldiges Treffen mit Wladimir Putin. In Bezug auf die Entscheidung seines russischen Amtskollegen, nicht zum G20-Gipfel in Indonesien zu reisen, sagte der türkische Staatschef, dass die ständigen Angriffe des Westens auf Russland den Dialog erschwerten.
"Russland ist kein gewöhnlicher Staat. Es ist ein mächtiger Staat. Natürlich greift der Westen, insbesondere Amerika, Russland fast grenzenlos an. Angesichts dessen leistet Russland selbstverständlich Widerstand."
Erdoğan erklärte ferner, dass er darüber nachdenke, wie sich der Friedensprozess zwischen Moskau und Kiew in die Wege leiten lasse. Dabei verwies der Politiker auf den Getreidedeal, der im Juli unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei erzielt worden war und dank dem bis zum 11. November fast 490 Schiffe mit Weizen, Mais, Sonnenblumenöl und Sojabohnen an Bord ukrainische Häfen verlassen konnten.
"Wir fragen uns, wie wir von hier aus einen Friedenskorridor öffnen können. Es gibt schon einen Getreidekorridor als Beispiel. Wir versuchen, dieses Ziel zu erreichen."
Dafür sei allerdings nicht nur die Bereitschaft Putins notwendig. Die Türkei werde auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij darüber sprechen, um sich die Meinung der Regierung in Kiew einzuholen. Dann werde man schauen, ob diese Vermittlung zum Frieden führen werde, erklärte Erdoğan.
Der Präsident plädierte außerdem dafür, den Getreidedeal aufrechtzuerhalten und Russland den Export von Düngemitteln zu ermöglichen. Es wäre ein Fehler, das Abkommen schon wieder zeitlich einzuschränken. Es gelte aber, in dieser Richtung gute Arbeit zu leisten, zumal Russland jetzt an der Umsetzung des Abkommens auszusetzen habe: Statt nach Afrika gingen die meisten ukrainischen Getreidelieferungen nach Europa.
Am 19. November läuft der im Juli geschlossene Getreidedeal aus, der ukrainische Exporte von Lebensmitteln über das Schwarze Meer möglich macht. Damit das unter der Vermittlung der UNO und der Türkei zustande gekommene Abkommen fortgesetzt werden kann, macht Russland auch zur Bedingung, dass russische Lebensmittel und Dünger trotz der westlichen Sanktionen exportiert werden können, wie das im Dokument verankert ist. Zwar zielen die Restriktionen nicht direkt auf diese Exporte. Sie machen es den russischen Unternehmen aber schwer, Häfen in der EU anzulaufen, Zahlungen abzuwickeln und ihre Schiffe versichern zu lassen.
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