Türkei buhlt um Getreidedeal und Russland ist bereit, an arme Länder zu liefern

Russland setzt seine Zustimmung zu den Getreideexporten aus der Ukraine auf unbestimmte Zeit aus. Ungeachtet der russischen Entscheidung sollen Schiffe nach Wunsch der Türkei und der Ukraine weiter fahren. Dass das Abkommen nun platzt, ist ein Rückschlag für Erdoğan.

Die Türkei sei entschlossen, die Lebensmittelexporte der Ukraine fortzusetzen, obwohl Russland seine Teilnahme an einem von den Vereinten Nationen ausgehandelten Getreideabkommen ausgesetzt hat, hieß es in Medien. Russland hat das Abkommen offiziell wegen eines Angriffs mit Luft- und Wasserdrohnen auf den Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Krim ausgesetzt. Das russische Verteidigungsministerium gab an, dass die Schwarzmeerflotte eingesetzt werde, um die Getreidetransporte zu sichern.

Aus Kiew und Ankara hieß es, Vertreter der Türkei und der UN verhandelten mit Russlands Delegation über eine Fortsetzung der "Getreideinitiative". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der im Juli wesentlichen Anteil am Zustandekommen des Deals hatte, erklärte am Montag, dass die Ar­beit daran weiterlaufe, ungeachtet der russischen Entscheidung. 

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte zeitgleich gegenüber seinem russischen Amtskollegen Sergei Schoigu, Moskau solle die Aussetzung seiner Teilnahme neu bewerten.

In einem Telefongespräch zwischen den beiden Ministern betonte Akar, dass es äußerst wichtig sei, dass das Getreideabkommen fortgesetzt werde, und fügte hinzu, dass es unabhängig vom Konflikt in der Ukraine umgesetzt werden sollte, so das türkische Verteidigungsministerium.

Russland warnte bereits, dass es "inakzeptabel" sei, dass Schiffe den Sicherheitskorridor durch das Schwarze Meer passieren.

"Die Bewegung von Schiffen durch den Sicherheitskorridor ist inakzeptabel, da die ukrainische Führung und das Kommando der ukrainischen Streitkräfte ihn nutzen, um militärische Operationen gegen die Russische Föderation durchzuführen",

so das russische Verteidigungsministerium in einer Erklärung.

Ohne Russlands Teilnahme werde die Ausfuhr des Getreides kaum möglich sein, bemerkte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Wenn Russland sage, dass es unmöglich sei, "die Sicherheit der Schifffahrt in den be­zeichneten Gegenden zu garantieren" – also dem für die Ausfuhr genutzten Korridor –, erhalte das Abkommen "einen anderen Charakter: viel riskanter, gefährlicher und weniger garantiert", warnte Peskow.

Obwohl der Westen behauptet, dass Russland das Thema Getreide und damit letztlich "Hunger" als "Hebel" nutzen wolle, sagte der russische Landwirtschaftsminister Dmitri Patruschew am Sonntag, sei Russland bereit, "den ärmsten Ländern" in den kommenden vier Monaten 500.000 Tonnen Getreide "kostenlos" zu liefern. Patruschew lobte zugleich die Türkei als "unseren zuverlässigen Partner". Präsident Putin machte am selben Tag noch einmal deutlich, dass die meisten Getreidelieferungen nicht an arme Länder gegangen seien. Der Westen habe die armen Länder mit dem Deal zum ukrainischen Getreide hintergangen. Die Entwicklungsländer erhielten das Minimum des exportierten Getreides.

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