In drei bis zehn Jahren: Polen sieht ernsthafte Gefahr eines Krieges mit Russland

Polen könnte in drei bis zehn Jahren in einen Krieg mit Moskau verwickelt sein, warnte der stellvertretende Verteidigungsminister des Landes. In einem Interview forderte Marcin Ociepa deshalb, die polnische Armee so stark wie möglich weiter aufzurüsten.

Polen könnte innerhalb von drei bis zehn Jahren in einen militärischen Konflikt mit Russland geraten. Das sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Marcin Ociepa in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der polnischen Zeitung Dziennik Gazeta Prawna. Deshalb müsse das Land "diese Zeit nutzen, um die polnische Armee so stark wie möglich aufzurüsten", so der Minister weiter.

"Es besteht ein ernsthaftes Risiko eines Krieges mit Russland", sagte Ociepa und fügte hinzu, dass der Zeitpunkt dieses möglichen Krieges davon abhänge, "wie der Konflikt in der Ukraine endet." Dem polnischen Minister zufolge käme es letztlich darauf an, "wie viele Jahre Russland braucht, um sein militärisches Potenzial wieder aufzubauen." Er nannte indes keine weiteren Faktoren, die das Risiko eines Konflikts erhöhen oder verringern könnten.

Ociepa brachte dieses Thema zur Sprache, als er die "geopolitische Realität" beschrieb, die Polen angeblich dazu zwinge, sein Verteidigungspotenzial rasch zu erhöhen.

Zugleich verteidigte Ociepa die im Entwurf des Staatshaushalts für das kommende Jahr vorgesehenen Mittel für das polnische Militär, welche die Zeitung als "Rekordausgaben" für die Armee bezeichnete. Der Militärhaushalt wurde durch einige "nicht definierte" zusätzliche Ausgaben aufgestockt.

Wie die polnische Nachrichtenagentur PAP zuvor berichtete, sehe der Entwurf des polnischen Staatshaushalts für 2023 rekordverdächtige Aufwendungen für die Streitkräfte des Landes vor, die sich demnach auf 97 Milliarden Złoty (rund 20,52 Milliarden US-Dollar) belaufen. Einige zusätzliche Mittel für die Modernisierung der Armee würden, so die Nachrichtenagentur weiter, durch den außeretatmäßigen Fonds zur Unterstützung der Streitkräfte aufgebracht. Dieser wird von der polnischen Staatsbank BGK verwaltet.

Nach Angaben der polnischen Regierung nimmt der im vergangenen Frühjahr eingerichtete Fonds "Spenden" von allen an, die bereit sind, einen "Beitrag" zur Verteidigung Polens zu leisten. Nach Angaben von Ociepa könnte sich der Fonds auf etwa 30–40 Milliarden Złoty (zwischen 6 und 8 Milliarden US-Dollar) belaufen. Die genaue Summe bleibe aber "unbestimmt", da sie von den "Finanzmärkten" abhänge, fügte er hinzu.

Warschau weist schon seit geraumer Zeit auf die angebliche Bedrohung durch Moskau hin. Seit dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine Ende Februar hat Polen, gemeinsam mit den baltischen Staaten, die USA und die NATO unter Verweis auf diese angebliche Bedrohung um zusätzliche militärische Unterstützung gebeten. 

Moskau beharrt derweil darauf, dass die Ausdehnung der transatlantischen Militärallianz in Richtung der russischen Grenzen einer der Gründe für die Offensive in der Ukraine sei.

Am Mittwoch verteidigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die militärische Unterstützung der Allianz für Kiew mit dem Argument, dass Russland im Falle eines Erfolgs in der Ukraine "einen Angriff auf NATO-Verbündete" riskieren könnte. Polen gehört seit Beginn des Konflikts zu den entschiedensten Unterstützern Kiews und hat auch in den Beziehungen zu Moskau eine harte Haltung eingenommen. Warschau hat unter anderem die Ausstellung von Visa für russische Staatsbürger gestoppt  und war eines der EU-Mitglieder, die sich für ein in der gesamten Staatengemeinschaft geltendes Visaverbot für Russen eingesetzt hatte.

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