Australische Twitter-Studie: Accounts "Pro-Ukraine" sind bis zu 90 Prozent Bots

Die Auswertung einer Studie zu Twitter-Accounts, die das Thema des Krieges zwischen Russland und der Ukraine bedienen, ergab, dass zwischen 60 und 80 Prozent potenzielle Bot-Accounts darstellen. Konten, die sich pro-ukrainisch positionieren, könnten sogar bis zu 90 Prozent automatisiert sein.

Eine Analyse von Bernhard Loyen

Eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Universität Adelaide, Australien, analysierte Veröffentlichungen von Twitter-Accounts, die sich schwerpunktmäßig inhaltlich mit dem Russland-Ukraine-Krieg beschäftigen. Der Titel der Veröffentlichung lautet: "Die Interaktion von Bots und Menschen in der Diskussion über den Russland/Ukraine-Krieg". Dabei wurden 5,2 Millionen Twitter-Beiträge – Tweets, Retweets, Zitate und Antworten auf Tweets – die zwischen dem 23. Februar und dem 8. März dieses Jahres veröffentlicht und geteilt wurden, berücksichtigt.

Die Untersuchung wollte aufzeigen, wie sogenannte Bot-Aktivitäten die Online-Diskussionen über den Russland-Ukraine-Konflikt beeinflussen könnten. Das Ergebnis zeigte, dass davon auszugehen ist, dass zwischen sechzig und achtzig Prozent des Twitter-Verkehrs, die das Thema Krieg inhaltlich bedienten, potenzielle Bot-Accounts sind. "Pro-ukrainische" Beiträge hätten sogar eine "Bot-Quote" von neunzig Prozent aufgezeigt.

Bots (vom englischen "robots" = Roboter) sind speziell entwickelte Computerprogramme, die vorgegebene Aufgaben unabhängig und automatisiert abarbeiten. Die Studie mit dem englischen Titel "#IStandWithPutin versus #IStandWithUkraine: The interaction of bots and humans in discussion of the Russia/Ukraine war" wurde am 20. August veröffentlicht.

Demnach fanden die Forscher mehr "pro Ukraine"-Konten als solche, die "pro Russland" waren. Die Studienbeiträge enthielten Hashtags wie "StandWithPutin", "(I)StandWithRussia", "(I)SupportRussia", "(I)StandWithUkraine", "(I)StandWithZelenskyy" und "(I)SupportUkraine".

Joshua Watt, einer der verantwortlichen Forscher, erklärte gegenüber dem Online-Magazin The Print, dass die Auswertungen über den sogenannten "Botometer" (ein Algorithmus für maschinelles Lernen, der einen Wert berechnet, bei dem niedrige Werte auf wahrscheinliche menschliche Accounts und hohe Werte auf wahrscheinliche Bot-Accounts hinweisen), erfolgt wären. Zu erweiterten Erkenntnissen heißt es seitens des Forschers:

"Wir können nicht feststellen, wo dies [die Bot-Veröffentlichung] geschieht, da wir keine geografischen Informationen über die Herkunft der Konten haben. Alles, was wir daraus schließen können, ist, dass die Bot-Accounts mehr Diskussionen über das Umziehen/Flüchten/Gehen oder Bleiben in einem Land/Ort beeinflussen."

Die Forscher fanden demnach "eine Spitze bei den Bot-Aktivitäten am 2. und 4. März. Die erste Spitze fällt mit der Einnahme von Cherson (einer Stadt in der Ukraine) durch Russland zusammen, aber auch mit den Hashtags #(I)StandWithPutin und #(I)StandWithRussia", so Darlegungen aus der Studie. Die Untersuchung ergab außerdem, dass die Zeit zwischen 12.00 und 13.00 Uhr die beliebteste Zeit für Tweets in allen Zeitzonen ist.

Die Untersuchung ergab zudem, dass "die pro-ukrainische Seite mehr Astroturf-Bots einsetzt als die pro-russische Seite". Astroturf-Bots sind hyperaktive, politische Bots, die "ständig anderen Konten folgen, um die Anzahl der Follower dieses Kontos zu erhöhen und/oder systematisch Inhalte von ihrem eigenen Konto zu löschen", so Darlegungen im The Print-Artikel.

Bot-Konten würden laut der Studie bewusst die Verwendung von Wörtern aus der Kategorie Angst beziehungsweise die Wörter im Zusammenhang mit Angst und Sorge ("Schande", "Terrorist", "Bedrohung", "Panik") einsetzen.

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