Erstürmung des AKW Saporoschje: Tödliches "Showgeschäft", um an neue Waffen zu kommen

In den letzten Tagen haben ukrainische Spezialeinheiten zwei Versuche unternommen, das Kernkraftwerk Saporoschje einzunehmen. Beide Landungsversuche sind gescheitert. Warum halten die ukrainischen Truppen an solch selbstmörderischen Versuchen zur Erstürmung des AKW fest?

In der Nacht zum Samstag hat die Ukraine einen weiteren Versuch unternommen, einen amphibischen Angriff in der Nähe von Energodar, dem Standort des größten europäischen Kernkraftwerks AKW Saporoschje, zu starten. Der erste Versuch fand am 1. September statt - der Tag, an dem die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) die Anlage besuchte. Das russische Verteidigungsministerium kündigte daraufhin an, dass es "Maßnahmen zur Vernichtung" von Gruppen ukrainischer Militärangehöriger ergreifen werde.

Auch beim zweiten Landeversuch verliefen die Ereignisse ähnlich. Nach Angaben von Wladimir Rogow, Mitglied des Hauptrates der Verwaltung der russisch kontrollierten Teils der Region Saporoschje, wurde am Samstagabend ein Versuch vereitelt, mit mehreren Dutzend bewaffneter Schnellboote am Ufer von Energodar zu landen. Der Vorstoß der ukrainischen Spezialeinheiten erfolgte aus dem von Kiew kontrollierten Gebiet um Kanewskij und Lyssogorka in Richtung Süden den Dnjepr hinab.

Die Landung war in drei Richtungen geplant: Wassiljewka, Dnjeprorudnoje und Energodar, die erneut unter Beschuss gerieten, doch der Raketenangriff wurde von der russischen Luftverteidigung abgewehrt. Die regionalen Behörden haben die russischen Ka-52-Aufklärungshubschrauber in der Luft eingesetzt.

Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass bei der ukrainischen Operation, die am Freitag gegen 23:00 Uhr Moskauer Zeit begann, "zwei Gruppen von Booten und Motorbooten mit insgesamt 42 Einheiten von über 250 Mann von Sondereinsatzkräften und ausländischen Söldnern eine Landung an der Küste des Kachowka-Stausees in der Nähe von Energodar und Dnjeprorudnoje versucht haben".

Eine russische Gruppe von vier Su-30-Kampfjets und zwei Ka-52-Hubschraubern der russischen Luftwaffe reagierte mit der Zerstörung von 20 Booten und Schiffen, während der Rest in Richtung der ukrainischen Küste abzog, die später durch Artilleriefeuer beschossen wurde. Insgesamt sollen nach russischen Angaben 47 Kämpfer, darunter 10 ausländische Söldner, getötet und 23 weitere verwundet worden sein.

Ein russischer Kämpfer mit dem Rufnamen Skif berichtete seinerseits in einem Interview mit RIA Nowosti über die Pläne der ukrainischen Streitkräfte für einen Angriff auf das AKW Saporoschje. Die ukrainischen Einheiten seien mit hoher Geschwindigkeit auf Kampfbooten mit ausgeschaltetem Licht gefahren. Sie seien von der russischen Militäraufklärung gesichtet worden und ihre Koordinaten wurden an den verantwortlichen Stab weitergeleitet. Dieser habe einen Luftangriff eingeleitet. Hierbei sei die Vorstoßtruppe des Gegners durch die russische Luftwaffe eliminiert worden.

Das Ratsmitglied Wladimir Rogow bezeichnete Angriffe auf das Kernkraftwerk durch ukrainische Truppen als geplante Provokation, mit der die IAEA-Mission eingeschüchtert werden sollte. Außerdem sollte Russland vorgeworfen werden, nicht in der Lage zu sein, die Sicherheit der Anlage zu gewährleisten. Nach Meinung von Rogow "gibt es keine logische Erklärung für solche Aktionen", das Geschehen könnte aber die "Imitation einer stürmischen Aktivität am Vorabend eines Treffens der sogenannten Ramstein-Gruppe sein". Diese Gruppe der westlichen Staaten wurde für die Koordination der militärischen Hilfe für die Ukraine gegründet.

Ende August meldete das US-Luftwaffenkommando in Europa und Afrika, dass nächste Woche - am 8. September - auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt Ramstein eine neue Gesprächsrunde über die militärische Unterstützung Kiews stattfinden werde. Zu dem Treffen wurden Verteidigungsminister und hochrangige Militärs "aus aller Welt" eingeladen, um die Lage in der Ukraine und Sicherheitsfragen zu erörtern. Die letzte Sitzung wurde am 20. Juli online abgehalten.

Rogow zufolge versucht die Ukraine, ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis zu stellen und eine weitere Tranche neuer Waffenlieferungen aus dem Westen zu erhalten. Rogow fügte hinzu:

"Das ist alles nur ein militärisches Showgeschäft. Selenskij inszeniert eine weitere blutige Show auf Kosten großer Verluste unter den Militärs."

Die Zeitung Wsglyad bat mehrere russische Militärexperten um ihre Einschätzung. Der Hauptmann ersten Ranges und stellvertretende Chefredakteur der Zeitschrift "Krieger Russlands", Wassilij Dandykin, ist ebenso der Meinung, dass die Versuche, das AKW Saporoschje einzunehmen, mit dem bevorstehenden Treffen auf der Basis Ramstein zusammenhängen. Die Ereignisse der letzten Tage könnten für die westlichen Länder ein guter Grund sein, dem Kiewer Regime neue Waffenlieferungen zukommen zu lassen. Dandykin kommentierte:

"Bei diesem Treffen werden weitere Maßnahmen zur Versorgung der Ukraine mit Waffen erörtert."

Er erinnerte daran, dass die ukrainische Armee Kampfboote in großen Mengen von den USA erhielt. "Etwa zwei Drittel dieser Boote sind bereits zerstört worden. Es war klar, dass der Vorstoß auch diesmal bemerkt werden würde, zumal unser Militär nach den Ereignissen des 1. September wachsamer ist. Dennoch setzte die Ukraine zu einer Selbstmordlandung an." Es könnte vor dem Treffen am 8. September zu weiteren solcher Aktionen kommen, so der Experte, der hinzufügte, dass andere Versuche der ukrainischen Offensive in Richtung Nikolajew-Kriwoj Rog dem gleichen Zweck dienen.

Auch an anderen Fronten gab es Angriffe der ukrainischen Streitkräfte. Am Samstagmorgen wurde das Dorf Kistjor im Bezirk Pogarskij des russischen Gebiets Brjansk getroffen. Der Gouverneur der Region, Alexander Bogomaz, teilte auf seinem Telegram mit, dass die Stromleitungen beschädigt und eine Straße zerstört worden seien. Granatsplitter zertrümmerten Fenster von Häusern und trafen ein Denkmal für die im Großen Vaterländischen Krieg gefallenen Soldaten. Menschliche Opfer gab es dabei nicht.

In den letzten Tagen kam es erneut zum verstärkten Beschuss der russisch kontrollierten Stadt Cherson und ihrer Umgebung. Die russische Luftabwehr wurde mehrfach aktiv und konnte den Großteil der Geschosse abfangen. Auch die wichtigste Verkehrsader der Region, welche die zwei Ufer des Dnjepr miteinander verbindet - die Antonowski-Brücke - geriet erneut unter Beschuss und wurde stark beschädigt.

Am Freitag hatte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Generalleutnant Igor Konaschenkow, bei einem täglichen Briefing erklärt, dass die ukrainische Armee innerhalb von 24 Stunden mehr als 330 Soldaten, 13 Panzer und drei Flugzeuge verloren habe. Während des Briefings am Samstag sagte der Sprecher, dass in den letzten 24 Stunden weitere 230 ukrainische Soldaten an der Linie Nikolajew-Kriwoj Rog getötet und mehrere Einheiten schwerer Militärtechnik zerstört worden seien. 

Am Sonntag wurden Dutzende zerstörte ukrainische Militärfahrzeuge in einem Video gezeigt.  

Wladimir Kiknadse, Militärhistoriker und Korrespondent der Russischen Akademie für Raketen- und Artilleriewissenschaften (RARAN), ist überzeugt, dass die Ukraine diese Verluste in Kauf nimmt, um ihrem Hauptsponsor, den USA, zu zeigen, dass sie in der Lage ist, Widerstand zu leisten. "Die Ukraine braucht aktive Maßnahmen, um die angebliche Effektivität der finanziellen und militärischen Unterstützung durch den kollektiven Westen im Informationsraum weiter zu fördern", meint Kiknadse.

Dass diese Strategie ihren Zweck erfüllt, kann man in vielen Artikeln der transatlantischen Medien nachlesen, wie beispielsweise in einem Spiegel-Leitartikel ("Deutschland muss Kiew jetzt helfen, Putin in Cherson zu schlagen"):

"Wenn die Ukraine mit der Gegenoffensive im Süden Erfolg haben soll, benötigt sie mehr und andere Waffen. Gebiete zu verteidigen, ist das eine, sie einzunehmen, ist ungleich schwieriger, das hat der bisherige Kriegsverlauf gezeigt."

Erfolgsaussichten für ukrainische "Offensiven" schätzen die russischen Experten erwartungsgemäß anders ein. "Tatsächlich sehen wir, dass die ukrainischen bewaffneten Formationen mit ernsthafter Unterstützung aus dem Westen nicht mehr in der Lage sind, nennenswerte Kampfaufgaben zu erfüllen. Sie sind in Defensivschlachten verwickelt, ohne erfolgreiche Versuche, in die Offensive zu gehen", so der Historiker Kiknadse.

Dandykin betont, dass die ukrainischen Streitkräfte erhebliche Verluste an Personal und Ausrüstung erlitten haben. Es werde schwierig sein, die Verluste auszugleichen. So habe Polen der Ukraine fast seine gesamten Reserven an T-72-Panzern überlassen, nun seien viele zerstört. "Die ukrainische Armee verliert gut ausgebildete Männer, es waren Spezialkräfte, die versucht hatten, das AKW Saporoschje auf Kampfbooten zu stürmen", betonte das russische Militär.

Für den Artikel wurde Material des Mediums Wsglyad verwendet.

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