Eine Analyse von Jewgeni Norin
Im August 2008 bahnten sich Kampfeinheiten der russischen Armee, ausgestattet mit alten sowjetischen Schützenpanzern und Mannschaftswagen, die immer wieder liegen blieben, ihren Weg über die Gebirgszüge des Kaukasus in Richtung Georgien. Ihre Mission war es, einer kleinen Gruppe von russischen Friedenstruppen zu Hilfe zu eilen, die vom Gegner umzingelt worden waren, sowie dem Beschuss einer Kleinstadt durch georgische Truppen ein Ende zu bereiten. Die russischen Truppen trugen keine modernen Waffen bei sich, es fehlte ihnen sogar an ausreichenden militärischen Kommunikationsmittel – und doch trieben sie den Gegner dank einer hohen Kampfmoral in nur fünf Tagen in die Kapitulation.
Dies beschreibt in groben Zügen den Fünf-Tage-Krieg in Südossetien von 2008 – einer der vielen territorialen Konflikte, die durch den Zusammenbruch der Sowjetunion ausgelöst wurden. Für Moskau war dieser Konflikt von besonderer Bedeutung. Er markierte nicht nur den Beginn der aktuellen Konfrontation Russlands mit dem Westen, sondern führte auch zu einer umfassenden Modernisierung der russischen Armee.
Ursprünge des Konflikts in Südossetien
Mit der Auflösung der UdSSR brachen zahlreiche bereits schwelende Konflikte aus, die zuvor vom Apparat der Repression des Sowjetstaates unterdrückt werden konnten, gefolgt von zahlreichen neu aufgeflammten Auseinandersetzungen. Nur eine Handvoll dieser Konflikte wurden in den vergangenen 30 Jahren erfolgreich gelöst. Die überwiegende Mehrheit blieb eingefroren, hätten aber jederzeit ausbrechen können – und das mit unvorhersehbaren Folgen.
Im Zentrum eines dieser Konflikte standen die Osseten, ein Volk, das auf beiden Seiten der Bergkette des Großen Kaukasus lebt. Sie stellen die Mehrheit der Bevölkerung in der russischen Republik Nordossetien.
Es gibt jedoch eine weitere beträchtliche Gemeinschaft in Südossetien, einem dicht besiedelten Gebiet, das von seinem nördlichen Pendant durch die Gebirgskette getrennt ist. Im 19. Jahrhundert wurden diese Gebiete im Nordkaukasus, einschließlich derjenigen des späteren georgischen Staates, in das Russische Reich eingegliedert. Damals steckte die kollektive georgische Staatlichkeit noch in den Kinderschuhen und das Russische Imperium, wie jedes andere Imperium, hätte es nicht geduldet, dass auch nur die leiseste Idee des Separatismus zur Sprache kam.
Dies änderte sich jedoch nach der russischen Revolution und dem darauffolgenden Bürgerkrieg. Als Teil der neu gegründeten Sowjetunion existierte Georgien als Flickenteppich, bestehend aus seinem Kerngebiet und den drei autonomen Regionen Abchasien, Adscharien und Südossetien sowie mehreren kleineren Gebieten ohne eigenen Status, die von Armeniern und Aserbaidschanern bevölkert waren. Das autonome Gebiet Südossetien war eine abgelegene Provinz, ruhig und beschaulich, in der Georgier und Osseten friedlich nebeneinander lebten. Diese Region war mit seiner Fläche von rund 50 mal 50 Kilometer äußerst klein, mit einer Gesamtbevölkerung von weniger als 50.000 Menschen, von denen die meisten in der einzigen Stadt der Region, in Zchinwali, lebten.
Nachdem die Sowjetunion aufgehört hat zu existieren, wurde in Georgien unglücklicherweise ein Mann namens Swiad Gamsachurdia der erster Präsident des nunmehr unabhängigen Landes, der völlig besessen von nationalistischen Ideen war. Gleichzeitig gewann in Ossetien eine Bewegung für eine nationale Autonomie an Fahrt, infolgedessen Gamsachurdia die Osseten als "Abschaum" brandmarkte und eine Strafaktionen in der Region anordnete. Seine Pläne scheiterten jedoch, da weder die georgischen Nationalisten noch die örtliche Miliz über irgendwelche Kampferfahrung verfügten. Somit endete in den frühen 90er-Jahren ein kurzer und sinnloser, aber blutiger Bürgerkrieg am Verhandlungstisch. Südossetien erklärte sich zur Republik, Georgien jedoch weigerte sich, dies anzuerkennen. Dennoch wurde der Konflikt auf Eis gelegt und mit Zustimmung beider Seiten wurde ein Bataillon russischer Friedenstruppen in die Region verlegt.
Die folgenden 15 Jahre verliefen ereignislos – schließlich ist Südossetien eine kleine, tief in den Bergen eingebettete Region. Über die einzige Straße, die durch den Roki-Tunnel nach Norden führt, hielt die Region Kontakt zu seiner Schwesterrepublik Nordossetien. Die Republik selbst verfügte über keine Bodenschätze von größerer Bedeutung und die Großmächte der Welt hatten keinerlei Interesse an ihr.
Rückeroberung durch Georgien
In den frühen 2000er-Jahren jedoch, wurde ein junger und ehrgeiziger Mann namens Micheil Saakaschwili zum dritten Präsidenten Georgiens gewählt, der umfassende Reformen auf den Weg brachte und die Position des Landes hin zu einer pro-westlichen und vor allem zu einer proamerikanischen Haltung änderte. Während es Saakaschwili gelang, die Wirtschaft seines Landes bis zu einem gewissen Grad anzukurbeln, verfolgte er auch andere Interessen, unter anderem die Wiederherstellung der territorialen Integrität Georgiens.
Die Auflösung der Sowjetunion, gefolgt von einer Reihe lokaler Bürgerkriege, hatte dazu geführt, dass der ehemaligen Georgischen Sowjetischen Sozialistischen Republik (GSSR) einige seiner Gebiete abhanden gekommen waren. Südossetien und Abchasien hatten ihre Unabhängigkeit erklärt, und Tiflis verlor zudem auch die Kontrolle über Adscharien, ein wichtiges Gebiet im Südwesten des Landes, sowie über die Schlucht von Pankisi und das Tal von Kodori.
Saakaschwili begann mit dem Aufbau einer modernen Armee, mit der Absicht, die abtrünnigen Provinzen zurückzuholen. Auch bei der Armee hielt der neue Präsident an seiner Politik der Ausrichtung gen Westen fest und ließ diese von den USA und ihren Partnern bei der NATO ausbilden. In dieser Zeit erhöhte Georgien seine Militärausgaben auf 9,5 Prozent des BIP, was extrem hoch war und eher typisch ist für eine Nation, die sich im Kriegszustand befindet.
Interessant dabei ist, dass die USA eine Erhöhung des Wehretats nicht als eine wichtige oder dringende Voraussetzung verlangten, obwohl man Georgien ansonsten gerne unter die Fittiche nahm. Dies war vielmehr ein persönliches Projekt von Saakaschwili. Er wollte offensichtlich als der Mann in die Geschichte eingehen, der Georgien im wahrsten Sinne des Wortes wiederhergestellt hat. In seinen Reden erwähnte er gerne Eroberungen und Helden aus der Vergangenheit, die bis ins Mittelalter zurückreichten. Allerdings war das Problem georgischer Flüchtlinge ein reales: Die gewalttätigen und bewaffneten Konflikte, die in den 1990er-Jahren ausbrachen, hatten viele aus ihrer Heimat vertrieben und sie hatten keine Chance, dorthin zurückzukehren.
Das Gebiet Adscharien leistete keinen Widerstand und wurde friedlich mit Georgien wiedervereinigt und auch die Schlucht von Pankisi und das Tal von Kodori folgten diesem Beispiel. Südossetien und Abchasien stellten jedoch eine Herausforderung dar. Beide waren selbst ernannte Republiken, die ihre Unabhängigkeit von Georgien erklärt hatten und über eigene Streitkräfte verfügten. Seit der Unabhängigkeitserklärungen der beiden Republiken wurden sie von Russland mit militärischer, politischer und finanzieller Hilfe unterstützt. Die angesetzten Verhandlungen zwischen Georgien und den Republiken scheiterten, da die Gewalttätigkeiten beider Seiten in den 1990er-Jahren ein großer Stolperstein blieb. Dann kam der Tag, an dem Saakaschwili zum Schluss kam, dass es Zeit für eine Militäroperation sei.
Ein Plan wie ein Schweizer Uhrwerk
Ob man es glaubt oder nicht, keiner der beiden Garantiestaaten der beteiligten Parteien wollte einen Krieg – weder Russland noch die Vereinigten Staaten. Dank Dokumenten, die durch das WikiLeaks-Projekt durchgesickert sind, weiß man heute, dass US-amerikanische Diplomaten Moskaus Bedenken hinsichtlich eines möglichen Waffengangs von Saakaschwili für nichts als einen Fall von Paranoia hielten.
Einige Experten glauben sogar, dass die Vereinigten Staaten ihre offizielle Position zu den ehrgeizigen Plänen von Saakaschwili einfach nie festgelegt haben, während der georgische Präsident die etwas ambivalenten Signale aus Washington möglicherweise als Zeichen der Unterstützung und somit als grünes Licht für sein Lebensprojekt missverstanden hat. Aber für Saakaschwili war ein großes Problem, dass russische Friedenstruppen dauerhaft in Südossetien stationiert waren und Moskau deutlich gemacht hatte, dass es einen Angriff auf diese nicht tolerieren werde.
Saakaschwili schien es unmöglich einfach weiterzumachen und Moskau herauszufordern – aber er hatte eine Art Plan. Da er sich bewusst war, dass die einzige Straße, die Südossetien mit Russland verbindet, über das Kaukasische Gebirge führt – was es unmöglich macht, schnell substantielle Verstärkung herbeizuschaffen – setzte er darauf, die Kontrolle über den Roki-Tunnel zu übernehmen, einen wichtigen Durchgangspunkt nach Nordossetien, um damit die Friedenstruppen von jeglicher Verstärkung abzuschneiden und sie so zur Kapitulation zu zwingen. Auf diesen taktischen Vorteil setzte Saakaschwili alle seine Karten.
Südossetien selbst konnte mit keiner nennenswerten Militärmacht aufwarten. Die Truppen, die es zur Verfügung hatte, wurden vom erfahrenen russischen Generalleutnant Anatoli Barankewitsch kommandiert. Die meisten Soldaten hatten jedoch keine militärische Ausbildung oder Erfahrung und es fehlte an ausreichender und angemessener Munition, geschweige denn an Artillerie oder gepanzerten Fahrzeugen. Die Republik war somit sehr auf die Unterstützung Russlands angewiesen.
Seit Beginn des Sommers 2008 lieferten sich beide Seiten an der Grenze zwischen Südossetien und Georgien gelegentliche bewaffnete Scharmützel. Zchinwali liegt sehr nahe an der Grenze zu Georgien – nur wenige hundert Meter trennt sie vom nächsten georgischen Dorf und Südossetien begann damit, Frauen und Kinder zu evakuieren.
In der Nacht des 7. August geriet Zchinwali unter Artilleriebeschuss. Allerdings scheinen die georgischen Aufklärungseinheiten keine sehr gute Arbeit geleistet zu haben, denn die südossetischen Stellungen wurden kaum getroffen. Aber nun begannen Zivilisten in Massen aus Zchinwali zu fliehen. Die russischen Friedenssoldaten waren inzwischen in ihrer Basis eingekesselt, erwiderten aber beharrlich das gegnerische Feuer. Sie konnten einen georgischen Panzer abschießen, was aber zu diesem Zeitpunkt lediglich ein unbedeutender taktischer Siegespunkt war. Mehr als zehn russische Soldaten wurden bei diesem Gefecht getötet, der Rest der Truppe musste sich in ihre Bunker zurückziehen.
Die russische Vergeltung
Der georgische Schlachtplan begann vom 8. August an zu versagen. Zwei Brigaden der georgischen Armee versuchten, von verschiedenen Seiten in Zchinwali einzudringen, gerieten jedoch unter Beschuss und erlitten erhebliche Verluste. Generalleutnant Barankewitsch, der Kommandeur der Miliz, schoss persönlich einen Panzer mit einem Granatwerfer ab, dessen Besatzung offiziell immer immer noch als vermisst gilt– die Munition im Panzer explodierte schlagartig und verwandelte die Insassen in Asche. Den Soldaten von Barankewitsch gelang es in der Folge noch ein paar weitere Fahrzeuge des Gegners in Brand zu schießen.
Zum selben Zeitpunkt begann das russische Militär, in einem schnellen Vormarsch aus dem Norden in die Republik einzudringen. Bereits wenige Monate vor den sich jetzt ausbreitenden Ereignissen war klar geworden, dass Saakaschwili einen Angriff starten würde und Südossetien hatte Kampfgruppen gebildet, um sich darauf vorzubereiten. Somit gelang es den georgischen Truppen nicht, Zchinwali am ersten Tag der Feindseligkeiten einzunehmen, worauf die Gefechte in chaotische und gewalttätige Straßenschlachten mündeten.
Verzweiflungstaten und Inkompetenz töten oft schneller als jedes vorsätzliche Verbrechen. Die georgischen Soldaten haben meist einfach irgendwohingeschossen, wo es gerade gepasst hat. In einem Gebäude soll sich ein Vorfall wie aus einer Szene im Comedy-Club ereignet haben. Georgische Soldaten sprengten das Tor zu einem Haus, stürmten hinein und fanden ein fassungsloses älteres Ehepaar vor. "Was macht ihr hier?", fragte der kommandierende Offizier. "Wir leben hier", bekam er als Antwort und die verblüfften Soldaten hatten keine andere Wahl, als wieder abzuziehen.
Etwa zur selben Zeit begannen russische Kampfflieger, die in Zchinwali stehenden georgischen Truppen aus der Luft zu bombardieren. Den Georgiern gelang es zudem nicht, den Roki-Tunnel zu erreichen oder die Gufta-Brücke zu zerstören, um die russische Verstärkung zu unterbinden. Die Straße nach Norden war von Flüchtlingsströmen durchzogen, während Konvois russischer Truppen in die entgegengesetzte Richtung fuhren.
Die russische Armee war 2008 in einem schlechten Zustand. Eine beträchtliche Anzahl von Fahrzeugen blieb unterwegs liegen – einige wurden kurzerhand von den Straßenrändern in die Schluchten gestoßen, damit sie die Straße nicht blockieren. Die Kommunikationssysteme waren erbärmlich und die Soldaten mussten oft auf ihre zivilen Mobiltelefone zurückgreifen. Aber die Kampfmoral war überraschend hoch – die Truppen nahmen bei Feindkontakt umgehend den Kampf auf und sie waren dabei sehr effektiv. Trotzdem herrschte immer noch ein erhebliches Maß an Chaos.
Insgesamt konnten die russischen Truppen in den ersten beiden Tagen schnell an Dynamik gewinnen. Mehrere Bataillone drangen in Südossetien ein und entlasteten die Friedenstruppen aus ihrer Umzingelung, während sie den georgischen Truppen erhebliche Verluste zufügten.
Obwohl die russische Armee zu Beginn nicht viel Schlagkraft zeigte, erwies sie sich als sehr effektiv gegen die georgische Artillerie, während ständig zusätzliche Bataillone durch den Roki-Tunnel nach Südossetien eindrangen. Zwar verlor die russische Luftwaffe einige Flugzeuge, überwältigte jedoch die georgische Luftwaffe und die Luftverteidigung insgesamt, während die Marine mehrere Raketenboote im Schwarzen Meer versank. Die russische Luftwaffe bombardierte Ziele in unmittelbarer Nähe der Frontlinie oder direkt dahinter, aber manchmal kam es zu Fehlkalkulationen und es wurden dadurch sowohl gegnerische Truppen als auch Zivilisten getroffen.
Nach dem 10. August brach die georgische Armee zusammen. Allein in der 4. Brigade wurden später rund 2.000 Soldaten wegen Fahnenflucht bestraft – ein Vielfaches der Zahl ihrer Toten und Verwundeten – während die Russen einen großen georgischen Truppenverband entwaffneten, der im Westen des Landes eingekesselt worden war, und die Mannschaften anschliessend nach Hause gehen ließ. All das, obwohl die russischen Streitkräfte fortwährend in der Unterzahl waren.
Am 11. August besuchte Saakaschwili die Front in der Nähe der Stadt Gori. Als plötzlich das Geräusch eines herannahenden Kampfjets am Himmel zu hören war, brach Panik aus. Seine Leibwächter rissen Saakaschwili zu Boden und deckten ihn mit ihren Körpern. Trotzdem gelang es einigen anwesenden Medienvertretern Fotos des georgischen Präsidenten zu schießen, die sein von Angst verzerrtes Gesicht für die Nachwelt festhielten, nur um sich kurze Zeit später, während einer Live-Übertragung, dabei filmen zu lassen, wie er in einer Mischung aus Angst, Nervosität und Verzweiflung an seiner Krawatte kaute während er mit jemandem telefonierte.
Wie zu erwarten protestierte der Westen gegen die "exzessive Anwendung von Gewalt" durch Russland, was dazu führte, dass sich der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy mit dem damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew traf, um einen Waffenstillstand auszuhandeln. Die Feindseligkeiten hörten so schnell auf, wie sie ausgebrochen waren. Die russische Armee übernahm die Verwaltung der georgischen Militärstützpunkte und nahm 65 Panzer, 3.700 Kleinwaffen und eine unbekannte Anzahl weiterer militärischer Ausrüstung entweder mit nach Russland oder zerstörte sie.
Kleiner Krieg, große Folgen
Der Krieg war vorbei. Die Kämpfe forderten das Leben von über 60 russischen und 180 georgischen Soldaten, 37 Kämpfern der ossetischen Miliz und es mussten mehr als 300 ossetische und 200 georgische Zivilisten beklagt werden.
Für Südossetien mit seinen nur 50.000 Einwohnern war diese Zahl an zivilen Opfern ein besonders harter Schlag. Kurz darauf erkannte Russland die Unabhängigkeit der Republiken Abchasien und Südossetien an. Heute sind beide winzige und ziemlich arme Republiken, stehen aber effektiv unter dem Schutzschirm des mächtigen Russland.
Der Krieg in Südossetien war für Moskau ein Weckruf. Er entblößte schonungslos die vielen Unzulänglichkeiten der russischen Armee, was ausreichend war, um einen Plan zur Modernisierung des Militärs zu entwerfen. Der Sieg über Georgien war nicht der Kampfkraft der Armee zu verdanken, sondern der persönlichen Qualität jedes einzelnen Soldaten. In den kommenden Jahren führte Moskau umfassende Reformen seiner Streitkräfte durch.
Die Politik hatte jedoch eine etwas andere Perspektive auf diesen Waffengang. Zum ersten Mal seit dem Fall der Sowjetunion hatte Russland seine Muskeln auf der globalen Bühne spielen lassen. Innerhalb des Landes war die gängige Meinung zu den Ereignissen folgende: Der Westen habe seinen Vasallenstaat Georgien dafür benutzt, um zu testen, wie Russland auf eine grobe Verletzung seiner Interessen reagieren würde. Es war das erste Mal, dass Moskau sich aktiv gegen den Druck des Westens oder gegen das, was sich aus Sicht des Kremls wie Druck anfühlte, zur Wehr setzte. Als Folge nahmen die Spannungen zwischen Russland und dem Westen in den Jahren darauf stetig zu.
Die wichtigste Erkenntnis aus dem diesem Fünf-Tage-Krieg ist, dass Opportunismus und Leichtsinn mehr Schaden anrichten können als Intrigen. Das ahnungslose Streben und der Ehrgeiz eines einzelnen Mannes kostete Hunderte von Menschenleben. Diese Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn die Politik zum richtigen Zeitpunkt etwas mehr Zurückhaltung und Weisheit gezeigt hätte.
Jewgeni Norin ist ein russischer Historiker, der sich mit Konflikten und internationaler Politik befasst.
Übersetzt aus dem Englischen
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