Ungarns Parlamentssprecher: Sanktionen gegen Russland "grundfalsch"

Der Wirtschaftskrieg der Europäischen Union gegen Russland wird die Wirtschaft des Blocks lähmen, warnte László Kövér, der Sprecher des ungarischen Parlaments. Der Königsweg zumindest für sein Land liege in der Zusammenarbeit mit Ost und West gleichermaßen.

Der Sprecher der ungarischen Nationalversammlung László Kövér hat die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland als "grundfalsch" verurteilt und wirtschaftlich prekäre Zustände in den EU-Mitgliedsstaaten als deren Ergebnis vorausgesagt. Kövér, selbst ein langjähriger Kritiker der EU, fügte hinzu, dass der Erfolg Ungarns von der Zusammenarbeit mit Ost und West abhänge.

In seiner Rede in der ungarischen Stadt Bugac am Samstag umschrieb Kövér die Entscheidung der EU zu massiven Wirtschaftssanktionen gegen Russland, während man weiterhin auf dessen Energieexporte angewiesen sei, mit einem ungarischen Sprichwort:

"Die Brüsseler Politiker haben ihr Bein über kein Pferd geschwungen."

Diese einfache Einsicht offenbarte er den Besuchern des Kurultaj-Festivals, einer jährlichen Veranstaltung zur Feier der eurasischen und türkischen Steppen-Nomaden-Pferdekultur. Kövér fügte dem hinzu, dass die Sanktionen, die in sieben aufeinanderfolgenden Runden verhängt wurden, seit Russland im Februar seine Militäroperation in der Ukraine begann, "kernfalsch" seien und Europa in den wirtschaftlichen Ruin treiben würden.

Kövér ist Mitglied der Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, und auch Orbán selbst hatte sich in der Vergangenheit zur Brüsseler Sanktionspolitik mehrfach ähnlich geäußert. So stellte Ungarns Regierungschef in einer Rede im vergangenen Monat trocken fest:

"Die Sanktionen bringen Moskau nicht wie beabsichtigt aus dem Gleichgewicht."

Stattdessen sei etwas anderes eingetreten:

"Europa ist in Schwierigkeiten."

Die EU, die rund 40 Prozent ihres Erdgases und ein Drittel ihres Erdöls aus Russland bezieht, sieht sich nun steigenden Energiekosten und einer Rekordinflation gegenüber – alles, nachdem sie ein teilweises Verbot für Importe russischen Öls verhängte und eine schrittweise Reduzierung der russischen Gasimporte ankündigte. Wo aber mehrere EU-Staaten bereits Stromrationierungen verhängen mussten und sich die Lage mit dem Wintereinbruch noch deutlich verschärfen wird – nach der Aussage von Bundesaußenministerin Baerbock sogar sehr drastisch –, ist es Ungarn jedoch gelungen, für sich eine Ausnahme vom Ölembargo herauszuschlagen, und es führte zudem jüngst erfolgreich Gespräche mit Moskau mit dem Ziel, seine Gasbezüge aus Russland zu erhöhen.

Mit dieser Haltung und diesen Sonderkonditionen ist Ungarn ein Ausreißer in der EU-Außenhandelspolitik. Ebenso ist Orbáns Beharren darauf, dass die NATO-Politik der Aufrüstung der Ukraine gegen Russland eine verlorene Sache sei, im europäischen Wirtschaftsblock eine große Ausnahme. Dies wird vom ungarischen Ministerpräsidenten jedoch ohne große Bedenken hingenommen: So reagierte er Anfang des Monats auf diesbezügliche Kritik mit der Aussage, Brüssel sei "nicht unser Chef" und die "unabhängige, souveräne ungarische Nation" werde daran arbeiten, "EU-Politik zu verhindern", sofern sie nicht in Ungarns nationalem Interesse liege.

Dennoch ist Ungarn als EU-Mitglied an den meisten Brüsseler Sanktionen gegen Russland beteiligt. Ebenso wäre Ungarn als NATO-Land verpflichtet, sich auf die Seite der von den USA geführten Allianz zu stellen, wenn diese in einen offenen Krieg mit Russland verwickelt würde.

Diese Kombination von Zusammenhängen dürfte es denn auch gewesen sein, die Parlamentssprecher Kövér dazu bewog, in seiner Rede am Samstag Ungarns Geschichte und Geografie als die einer "Brücke" zwischen Ost und West zu beschreiben – und folgenden frommen Wunsch kundzutun:

"Wenn sich der Osten und der Westen feindlich gegenüberstanden, brachte das nur den Niedergang. Doch würden sie zusammenarbeiten, hätte [auch] Ungarn Chancen, aufzusteigen."

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